Frage an Volker Beck von Andreas K. bezüglich Recht
Guten Morgen.
Meine Frage bezieht sich auf die Strafgesetzgebung für pädophile TäterInnen.
Leider gibt es (nicht nur diese) Gewalt, und die GRÜNEN sind schon längst im Strafrechtsdiskurs angelangt. Auch wenn dies kein dominierendes Thema sein sollte, halte ich es doch für sehr sinnvoll, dies aufzugreifen und nicht Rechtsaußen zu überlassen. Konkret meine ich die deutliche Ausweitung oder die Aufhebung von Verjährungsfristen für sexuelle Handlungen von Erwachsenen an Kindern, wie sie etwa der Verein CareChild fordert. Wäre es nicht sinnvoll, hier ein neues Kompetenzfeld hinzuzugewinnen und Politik noch glaubwürdiger zu gestalten?
Die Opfer können oft erst nach vielen Jahren über Erlittenes reden, die Täter aber sind eloquent, wahlberechtigt und justiziabel und treten für ihre eigenen Rechte ein.
Auch sind diese Verjährungsfristen in der Praxis offenbar oft niedriger als formal angenommen.
Viele Grüße
Andreas Knappe
Sehr geehrter Herr Knappe,
ich denke, dass Bündnis 90 / Die Grünen in den Themenbereichen Strafrecht und Opferschutz bereits seit geraumer Zeit (und schon vor Beginn der rot-grünen Regierungsjahre) eine der, wenn nicht gar die führende politische Partei in Deutschland ist.
Dementsprechend wurden unter der rot-grünen Regierung auch wesentliche Verbesserungen zum Schutze von Opfern sexuellen Missbrauchs erreicht:
Wir haben 2002 einen besonderen Schadensersatzanspruch für Opfer sexuellen Missbrauchs im BGB verankert (§ 825 BGB). Umfasst ist jeglicher materieller und immaterieller Schaden.
Ebenso haben wir 2002 das zivilrechtliche Verjährungsrecht umfassend reformiert. Danach beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Bei Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung beginnt die Verjährung mit Vollendung des 21. Lebensjahres des Gläubigers. Die Verjährung ist in diesen Fällen gehemmt, solange Gläubiger und Schuldner in häuslicher Gemeinschaft leben.
Weitere Verbesserungen sind aber möglich.
So könnte beispielsweise der Fristbeginn auf das 25. Lebensjahr ausgedehnt werden. Dies würde der Tatsache Rechnung tragen, dass tatsächlich erst ca. mit 25 Jahren eine Verfestigung der Persönlichkeit und ein Übergang ins Erwachsenenalter erfolgt. Eine weitere Ausdehnung ist nicht zu empfehlen. Bei Erwachsenen über 25 Jahren würde dies zu einem Ungleichgewicht gegenüber anderen auch schwergewichtigen Schäden führen, die aus Scham oder Angst verschwiegen werden.
Auch könnten die Gründe für eine Verjährungshemmnis ausgeweitet werden.
Mit solchen Gesetzesänderungen allein ist im Kampf gegen Kindesmissbrauch in weltlichen und kirchlichen Einrichtungen aber wenig gewonnen. Manchem Misshandelten mag ein solcher später Prozess innere Ruhe zurückgeben, vorausgesetzt, er endet mit einem Erfolg. Künftiger Missbrauch wird damit nicht verhindert. Dem Leid all jener, die in Schulen, Internaten und Sportvereinen Opfer wurden, wird es nicht gerecht. Wer einen wirksameren Schutz vor Missbrauch durchsetzen will, muss vor allem eines tun: Geld ausgeben: Die Beratungsstellen, bei denen missbrauchte Männer und Frauen Rat und Hilfe finden, brauchen eine sichere finanzielle Grundlage für ihre Arbeit.
Mit freundlichen Grüßen,
Team Volker Beck