Frage an Volker Beck von Kathrin F. bezüglich Recht
Selbst anerkannte Flüchtlinge haben in Deutschland kein Recht auf freie Wahl ihres Wohnsitzes, solange sie Sozialleistungen beziehen. Diese Auflage verstößt nicht nur gegen Artikel 13 der AEMR („jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu Wählen“), sondern auch gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention und gegen EU-Recht. Diese Restriktion ist für viele Menschen eine enorme Belasung.
Was sagen Sie zur aktuellen Situation? Sehen Sie Handlungsbedarf?
Mit freundlichen Grüßen,
Kathrin Fuchs
Sehr geehrte Frau Fuchs,
selbstverständlich sieht Herr Beck hier einen Handlungsbedarf, nicht nur als menschenrechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Bündnis 90/Die Grünen haben 2009 einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes in den Deutschen Bundestag eingebracht (BT-Drs. 16/10837), welcher bedauerlicher Weise von der Großen Koalition abgelehnt wurde. Asylbewerber erhalten gegenwärtig nur 2/3 der Sozialhilfeleistungen. Dieser Zustand ist diskriminierend. Vorschläge der EU-Kommission im Zuge der Reform der Aufnahmerichtlinie, die Leistungen für AsylbewerberInnen an das Niveau der Sozialhilfe anzupassen, haben wir deshalb ausdrücklich begrüßt. Asylsuchende wären nach unserem Gesetzentwurf sofort leistungsberechtigt im Sinne von SGB II bzw. XII - auch die eingeschränkte Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden hätte damit ein Ende. Wir gehen in dem Entwurf zudem davon aus, dass eine dezentrale Unterbringung der Asylsuchenden angemessen ist. Wir haben uns in der Vergangenheit stets gegen Ausreisezentren und Sammelunterkünfte ausgesprochen.
Die Residenzpflicht verstößt zudem gegen das Recht auf Freizügigkeit. Sie gehört abgeschafft! Asylsuchenden ist während des Verfahrens grundsätzlich die Bewegungsfreiheit im Bundesgebiet zu gewährleisten. Nicht nur die Residenzpflicht als solche ist integrationspolitisch falsch, sondern auch, dass ein Verstoß hiergegen als Ordnungswidrigkeit oder sogar als Straftat verfolgt wird. Dies ist aus Sicht von Bündnis 90/Die Grünen ein Verstoß gegen geltendes EU-Recht. Denn Art. 16 Abs. 3 der EU-Aufnahmerichtlinie ermächtigt die Mitgliedstaaten nur dazu, Sanktionen für "grobe Verstöße gegen die Vorschriften der Unterbringungszentren" und für "grob gewalttätiges Verhalten" vorzusehen. In Deutschland sind aber auch Verstöße gegen eben diese Residenzpflicht bußgeld- bzw. strafbewehrt.
Das wollen wir ändern. Unterstützen Sie uns dabei?
Viele Grüße,
Büro Volker Beck