Frage an Volker Beck von Samuel G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter, lieber Herr Beck!
Nach den jüngsten Äußerungen Norbert Geis´ frage ich mich, wie stimmig eine mögliche Koalition von Schwarzen und Grünen denn wäre. (Immerhin ist ja sehr oft die Rede davon.) Welche Relevanz besitzt die Gleichberechtigung von denjenigen Paaren, die nicht eindeutig heterosexuell sind? Würden Sie dieses Thema denn unterordnen, wenn mit der Union z.B. Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Umweltpolitik, des Verbraucherschutzes usw. zu erwarten wären?
Wie kann man Ihrer Meinung nach Minderheitenschutz und Meinungsfreiheit miteinander vereinbaren? Ich selbst bin wohl der Alptraum eines jeden Ratzinger, nur ist mir nicht ganz wohl bei dem Gedanken, dass die Behauptung, meine Sexualität sei heilbar, eines Tages strafrechtlich geahndet werden könnte. Insofern also: wie sollte man Ihrer Meinung nach Minderheitenschutz und Meinungsfreiheit gewährleisten?
Außerdem frage ich mich, inwiefern Ihre Toleranz auch für sog. "BDSM"ler gilt. Im aufgeklärten Milieu scheint es hier zwei entgegengesetzte Positionen zu geben. Michel Foucault auf der einen und Alice Schwarzer auf der anderen Seite: die Argumentation des Einvernehmens, der Freiwilligkeit - im Gegensatz zu der Argumentation der patriarchalisch-pathogenen Konstruktion, der "Kollaboration."
Insofern: sollte ein Mensch, der an die Argumentation des Einvernehmes, der Freiheit und der Freiwilligkeit glaubt, eigentlich die Grünen wählen oder doch die FDP?
Überhaupt: könnte man eine Überschrift wählen, dann müsste sie "FDP oder Grüne?" lauten.
Mit den allerbesten Grüßen jedenfalls!
Samuel Gould
Sehr geehrter Herr Gould,
Sie haben mit einem Recht: Die Aussagen von Norbert Geis stehen leider für die Union.
Wenn Volker Kauder von Selbstverwirklichungswünschen der Homosexuellen beim Adoptionsrecht schwadroniert oder Frau Merk sich gegen die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe wendet, dann ist eines klar: Die Union will mit Vorurteilen Wahlkampf machen. Bei ihr bleiben Lesben und Schwule Bürger zweiter Klasse.
Schwarz-Gelb wird damit die Perspektive, damit es mit der Gleichstellung der Lesben und Schwulen in Deutschland nicht vorangeht. Wer das nicht will, muss eine solche Mehrheit verhindern!
Meinungsfreiheit ist in Deutschland gewährleistet. Aber nicht jede Hetze gegen Minderheiten ist auch von ihr abgedeckt. Aus unserer Sicht gibt es zwischen beiden aber kein Spannungsverhältnis. Gleichwohl wird von bestimmten Gruppen immer eine Bedrohung ihrer Meinungsfreiheit gesehen, selbst wenn man nichts anderes tut als die Meinung dieser Gruppen zu kritisieren. Meinungsfreiheit bedeut aber nicht, dass die geäußerte Meinung auch frei von Widerspruch sein muss.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Beck