Frage an Volker Beck von Bianka B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehen Sie auch in dem europäischen Bemühen um Frieden in nahost (Israel/Palästina, Irak) eine wichtige Aufgabe für deutsche und europäische Politik?
Wie hat sich die Lage der Palästinenser im Gazastreifen nach dem Abzug der Soldaten gebessert?
Wie werden Sie mit Ihrer Partei Israel versuchen zu bewegen von der Besatzung der Westbank auch Abstand zu nehmen?
Kennen Sie die Lage der Palästinenser aus eigener Anschauung?
Sind Sie auch für Sanktionen gegenüber Israel?
Sind Sie auch gegen Waffenlieferungen (die U-Boote!) an Israel, das ein Kriesengebiet durch seine Politik hergestellt hat?
Sehr geehrte Frau Buddeberg,
Bemühungen um eine Regelung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern sind seit jeher eine wichtige Aufgabe auch für die deutsche Außenpolitik. Sie resultieren aus der deutschen Verantwortung für die Ermordung der europäischen Juden und ihren Folgen. Deshalb sind wir verpflichtet, zu einer gesicherten Existenz des Staates Israel beizutragen. Gleichzeitig jedoch sind wir um Frieden in der Region bemüht. Dazu gehören ein gleichberechtigter Staat für die Palästinenser und die Stabilisierung eines demnokratischen Staates im Irak.
Die Entwicklung im Gaza-Streifen seit der Räumung der israelischen Siedlungen steht noch am Anfang. Bündnis 90/Die Grünen sehen im israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen einen potentiell wichtigen Schritt in Richtung zu einer Regelung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Damit dieser Schritt jedoch wirklich positive Auswirkungen haben kann, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: erstens muss der Gazastreifen die Möglichkeit für eine wirtschaftliche Entwicklung erhalten und zweitens darf der israelische Rückzug aus dem Gazastreifen nicht das Ende des israelischen Rückzugs aus palästinensischen Gebieten sein.
Damit der Gazastreifen die Möglichkeit für eine wirtschaftliche Entwicklung bekommt, müssen die Voraussetzungen für einen Export u.a. von landwirtschaftlichen Produkten sowie für eine Verbindung zwischen dem Gazastreifen und der Westbank geschaffen werden. Letzteres umfasst auch die Reisefreiheit für die palästinensische Zivilbevölkerung.
Damit der Rückzug aus dem Gazastreifen nicht das Ende des israelischen Rückzugs aus besetzten palästinensischen Gebieten ist, muss diesem Rückzug die möglichst umgehende Wiederaufnahme von israelisch-palästinensischen Verhandlungen mit Bezug auf die Verpflichtungen in der Roadmap folgen. Die israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten sind ein Hauptfaktor im israelisch-palästinensischen Konflikt. Ohne eine einvernehmliche Regelung der Zukunft der einzelnen Siedlungen wird es nach unserer Auffassung kein Ende dieses Konflikts geben. Realistische Ansätze dazu, bei denen der Austausch von Territorien auf der Grundlage der Grenzen von 1967 vor dem Sechs-Tage-Krieg besprochen wurde, gab es bereits bei den Camp David Verhandlungen im Jahr 2000 und vor allem bei den Taba-Verhandlungen im Januar 2001. Es muss klar sein, dass eine Einigung in dieser Frage auf jeden Fall nur das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien sein kann. Darauf hat auch der US-amerikanische Präsident Bush im Anschluss an seine Gespräche mit dem palästinensischen Präsidenten Abbas in Washington im Ende Mai 2005 hingewiesen.
Abgeordnete unserer Fraktion reisen regelmäßig nach Israel und Palästina. Mit Hilfe der Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv und in Ramallah unterhalten wir vielfältige Kontakte zu Politikern und NGOs auf beiden Seiten.
Sanktionen gegen Israel lehnen wir ab. Wir sind der Meinung, dass Sanktionen im allgemeinen und deutsche im besonderen in Israel zu einer Verhärtung der Positionen führen würden, die der Regelung des Konflikts schaden würde. Zudem wäre klar, dass sie nicht wirksam wären, weil mit Sicherheit nicht genug wirtschaftlich wichtige Staaten sich an ihnen beteiligen würden.
Wir sehen Waffenlieferungen aus Deutschland an Israel und andere Staaten im Nahen Osten mit großer Skepsis. Wir teilen allerdings nicht die These, dass jede Lieferung militärischer Güter in das Spannungsgebiet Naher und Mittlerer Osten automatisch zu einer Steigerung der Spannungen dort führt. So kann etwa die Lieferung von Fuchs-Spürpanzern, die nicht offensiv eingesetzt werden können, sondern der Prüfung dienen, ob chemische Waffen eingesetzt wurden, durchaus vertretbar sein.
Wir teilen die Position, dass Deutschland wegen der deutschen Verantwortung für die Verfolgung und Ermordung der Juden Europas und ihren Folgen eine besondere Verantwortung für die gesicherte Existenz des Staates Israel hat. Auf diesem Hintergrund haben wir zur Frage von Waffenlieferungen an Israel eine differenzierte Position eingenommen. So haben wir uns für eine Lieferung von Patriot-Abwehrraketen etwa im Zusammenhang mit der militärischen Intervention im Irak im Jahr 2003 ausgesprochen auf dem Hintergrund der irakischen Angriffe mit Scud-Raketen auf Israel im Jahr 1991. Eine ablehnende Position haben wir dagegen zu dem Wunsch der israelischen Regierung nach gepanzerten Transportern (Dingos) eingenommen, weil diese unserer Meinung zur Durchsetzung einer als für uns unakzeptablen Politik im Konflikt mit den Palästinensern benutzt worden wären.
Die Nuklearisierung des Nahen und Mittleren Ostens ist eine große Gefahr gerade angesichts der in dieser Region vorherrschenden Instabilitäten und Konflikte. Zu der Frage, inwieweit die von Deutschland an Israel gelieferten U-Boote nuklear bestückt werden können, gibt es gegensätzliche Behauptungen. Auf unsere Fragen hin verneinte die Bundesregierung die konkrete Möglichkeit einer nuklearen Bestückung der U-Boote. Für uns steht fest: die Bundesregierung darf nicht zum Aufbau von Nuklearkapazitäten beitragen.
Mit besten Grüßen aus Berlin,
i.A. Hasso Suliak (Referent)