Sehr geehrter Herr Baran, wie ist Ihre Position bezüglich einer steuerenden Wirkung der steuerlichen Abgaben bezüglich Verhaltensänderung zB. Steuer auf PKW Kraftstoff, Luxusartikel,Erbschaftssteuer?
Bzw. einer verstärkten Nutzung dieser steuernden Abgaben?
Sehr geehrte Frau T.,
vielen Dank für Ihre Anfrage per Abgeordnetenwatch.
Leider ist Ihre Anfrage in den vielen Anfragen im Wahlkampf untergangen, ich bitte das zu entschuldigen.
Aus Transparenzgründen möchte ich darauf hinweisen, dass wir Politiker*innen im Landtag Themenpolitiker*innen sind. Das heißt, dass nicht jede*r Abgeordnete in allen Fachbereichen arbeitet. Ich bin bspw. Mitglied im Ausschuss für Medien und Kultur und im Integrationsausschuss, interessiere mich aber natürlich auch für andere Politikfelder und tausche mich mit meinen Kolleg*innen aus.
Das Thema Steuergerechtigkeit, das Sie in Ihrer Frage aufgreifen, ist für mich ein Herzensthema, denn es betrifft die Verteilungsgerechtigkeit und damit ein sozialdemokratisches Kernthema.
Gesellschaftlich und politisch gibt es rund um Steuern zwei Positionen.
Einmal die, die Steuern misstrauisch gegenübersteht und sie als etwas sehen, das uns „abgenommen“ wird und dann die, die sie als etwas sehen, was dafür sorgt, dass sich die Gesellschaft entwickeln kann und Verteilungsgerechtigkeit und Chancengleichheit befördert. Letzteres ist, wie man vielleicht schon an der Formulierung erkennt, eher die sozialdemokratische Position.
Über höhere und niedrigere Abgaben lässt sich auch - wie Sie richtig anmerken - das Verhalten der Bürger*innen beeinflussen. Diese Eingriffe sind vorsichtig abzuwägen, aber sie sind ein gutes Mittel gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel anzustoßen. So zum Beispiel im Falle des Klimapakets, das seit 2021 durch die sogenannte CO2-Steuer fossile Brennstoffe, sprich Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas, verteuert. Diese Steuererhöhung soll die Bevölkerung zu einem bewussteren Umgang mit fossilen Brennstoffen bewegen und so Anreize für den Umstieg auf modernere und klimafreundlichere Alternativen schaffen.
Wir sehen weiterhin auch eine dringende Notwendigkeit, über Änderungen bei der Erbschaftssteuer nachzudenken; eine grundlegende Reform ist notwendig und wird derzeit auch rege in der Ampelkoalition diskutiert. Das Vermögen in Deutschland ist ungleich verteilt und die Steuerbelastungen für Reiche und Erben stehen in keinem gerechten Verhältnis zu den steuerlichen Belastungen anderer Einkommensklassen. Es gibt viele Möglichkeiten im Steuerrecht, die der Staat bislang noch nicht nutzt. Wenn im Zuge der Pandemie und der aktuellen Krisenlage sogar Millionäre auffordern, dass sie besteuert werden möchten – und es nicht umgesetzt wird, halte ich dies für eine vertane Chance und einen Weckruf, wenn dieser überhaupt noch notwendig gewesen sein sollte.[1] Wir dürfen nicht zulassen, dass Parallelgesellschaften entstehen, in denen Reiche und Vermögende von staatlichen Leistungen profitieren, sich ihrer Finanzierung jedoch entziehen. Leider wurde das bei der Aushandlung des Ampel-Koalitionsvertrags der Bundesregierung im letzten Jahr nicht berücksichtigt. Die Diskussion darüber bleibt meines Erachtens aber nötig. 2017 hat sich die SPD-Landtagsfraktion schon in einem Positionspapier zum Thema Steuergerechtigkeit klar positioniert, sich für eine Einführung der Vermögenssteuer, eine Erhöhung der Erbschaftssteuer und des Steuersatzes für Kapitalerträge sowie die Anhebung des Spitzensteuersatz ausgesprochen.
Sie erwähnen in Ihrer Frage auch die Besteuerung von Luxusartikeln. In Deutschland gibt es, neben der Umsatzsteuer von 19 Prozent, auch einen ermäßigten Steuersatz: Auf Nahrungsmittel beispielsweise, denn sie gelten als lebensnotwendig. Als Randnotiz: Leider fielen auch Periodenprodukte mit 19 Prozent lange in die Kategorie „Luxusartikel“: Diese Regelung wurde 2020 endlich endgültig abgeschafft. Ich finde, dass eine Diskussion über eine Steuer für Luxusartikel von der politischen Zielrichtung korrekt ist. Ähnliche Modelle existieren bereits in den skandinavischen Ländern, in Dänemark zahlen sie auf „teure“ Neufahrzeuge ab 11.500 Euro eine Luxussteuer von bis zu 180 Prozent, auf die restlichen Neuwagen „nur“ 105 Prozent. Aktuell ist so eine Besteuerung bei uns aber nicht in Planung.
Sich Gedanken über eine gerechtere Umverteilung zu machen, bei der auch Steuern und die Schaffung von Anreizen zur Verhaltensänderung durch Besteuerung eine Rolle spielen, wird im Rahmen der angespannten wirtschaftlichen Lage durch die Auswirkungen des Ukrainekrieges immer drängender. Als zusätzliche Information verweise ich gerne auf das Grundsatzpapier der SPD-Landtagsfraktion „Die Stunde des starken Sozialstaats“ (https://www.spd-fraktion-nrw.de/aktuelles/positionen/). Ich bedanke mich noch einmal herzlich für Ihre Anfrage. Bei weiteren Fragen in diesem Bereich können Sie sich gerne auch an meinen Oberhausener Kollegen Stefan Zimkeit (stefan.zimkeit@landtag.nrw.de) wenden, der haushalts- und finanzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion ist.
Oder Sie richten sich an den Bundestagsabgeordneten, der Ihre Stadt oder Kommune im Bundestag vertritt.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen soweit beantworten, auch wenn die Antworten aktuell ganz besonders ernüchternd wirken und noch so viel zu tun ist. Sollten Sie weitere Fragen an mich Fragen, können Sie mir auch gerne direkt eine E-Mail schreiben unter volkan.baran@landtag.nrw.de.
[1] https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/vermoegen-steuer-millionaer-reichtum-oxfam-100.html