Frage an Vasco Schultz von Hans-Arthur M. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Schultz,
als Neu-Rahlstedter, die vor knapp zwei Jahren aus dem Zentrum hierher gezogen sind, erleben wir (meine Frau und ich) den einwohnerstärksten Hamburger Stadtteil als deprimierende, kulturelle Wüste. Uns ist klar, dass man hier keine lebendiges Straßenleben wie in den zentraleren Stadtteilen wird etablieren können. Aber wenn zum Beispiel im derzeit ungenutzten Bahnhofsgebäude ein Kulturzentrum eingerichtet würde, wäre das schon ein großer Gewinn.
Haben Sie Ideen, wie von Seiten der Politik das kulturelle Leben in Rahlstedt gefördert werden könnte? Dann würde ich sie gern erfahren.
Ich sollte vielleicht ergänzen, dass es mir bei der Förderung kultureller Aktivitäten und Angebote um die Steigerung der Lebensqualität der hier lebenden Menschen geht, nicht in erster Linie um eine Verbesserung des "Standorts", wie es vor einigen Monaten bei einer Diskussionsveranstaltung um die Nutzung des Bahnhofsgebäudes im Mittelpunkt stand. Wenn die in der Bahnhofsgegend angesiedelten Geschäftsleute von einer höheren Attraktivität der Gegend profitieren, soll es mir recht sein. Aber wenn wir bei der Kulturpolitik von vornherein Geschäftsinteressen in den Mittelpunkt stellen, sind wir auf einem falschen Weg. Oder sehen Sie das anders?
Mit freundlichem Gruß
Hans-Arthur Marsiske
Sehr geehrter Herr Mariske,
vielen Dank für Ihre Frage zum kulturellen Leben in Rahlstedt.
Ich stimme Ihnen zu, dass Rahlstedt und auch weite Teile des Bezirks Wandsbek einer kulturellen Wüste ähneln. Kultur erweitert den Horizont. Kultur macht offen für Ideen und toleranter für das Andere. Und ganz wichtig, Stadtteilkultur fördert die Beteiligung von Menschen, denen der Zugang zu Kunst und kreativer Betätigung bisher verschlossen blieb. All dies setzt entsprechende Räume und finanzielle Unterstützung voraus.
Abgesehen vom BIM - Bürgerhaus in Meiendorf , Saseler Str. 21 gibt es in Rahlstedt keine öffentlich geförderte Kultureinrichtung oder größere Veranstaltungsräume, die für kulturelle Ereignisse genutzt werden könnten. Nach längerem Druck konnte in der Bezirksversammlung kürzlich ein Antrag verabschiedet werden, der sich für den Bau einer Mehrzweckhalle auf dem Gelände des Gymnasiums Rahlstedt ausspricht. Nach meinen Informationen hat die Fachbehörde jetzt eine Arbeitsgruppe vorgeschlagen..
Stadtteilkultur muß in Rahlstedt einen höheren Stellenwert erhalten. Das setzt die Bereitstellung finanzieller Mittel voraus. Weiterhin muß Politik Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich eine bezirkliche oder stadtteilbezogene Kulturszene entfalten kann und darf diejenigen, die sich kulturell engagieren nicht vor den Kopf stoßen. Der ersatzlose Verkauf des Wandsbeker Bürgerhauses zeigt, dass Stadtteilkultur in Wandsbek bei den derzeit regierenden Personen keinen hohen Stellenwert hat.. Wenn gleichzeitig hunderte von Millionen in die Elphilharmonie gepumpt werden, dann besteht hier ein Ungleichgewicht.
Die GAL fordert in der Bezirksversammlung seit langem:
- Wir brauchen einen Kulturbeirat, der den bezirklichen Ausschuss für Finanzen und Kultur mit Anregungen und Ideen unterstützt.
- Wir brauchen eine Jury, die Empfehlungen für die jährlichen Wandsbeker Kulturpreise ausspricht.
- Wir brauchen im Bezirksamt einen kompetenten Ansprechpartner, der den Einrichtungen und kulturell Aktiven mit Rat und Tat zur Seite steht und auch eigene Initiativen entwickelt.
Kultur ist ein Wert an sich und darf nicht primär unter Vermarktungssaspekten gesehen werden. Wenn lebendige Stadtteilkultur dazu führt, dass es auch dem Einzelhandel in Rahlstedt besser geht, dann ist das ein schöner Nebeneffekt. Aber es darf nicht das Ziel der Stadtteilkultur sein. Das führt im Endeffekt natürlich dazu, dass nur eine bestimmte Art von Kultur - nämlich die, die sich gut verkaufen lässt - gefördert wird.
Mit freundlichen Grüßen,
Vasco Schultz