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Frage von Andreas Q. •

Frage an Vasco Schultz von Andreas Q. bezüglich Wirtschaft

Lieber Vasco Schultz,

es wird ja immer so viel über die wachsende Arbeitslosigkeit geschrieben, wäre es nicht schön, wenn die Berufsrechte für Steuerberater, Handwerksmeister u.ä aufgehoben würden ? Dann würde es keine Preiskartelle mehr geben über die Kammern, sondern echten Wettbewerb, es würden die Preise für alles fallen und somit würden auch die allgemeinen Lebenshaltungskosten auf ein natürliches bezahlbares Niveau fallen. Leute , die wieder in einen Beruf einsteigen, brauchen nicht so viel Gehalt, und es wären dadurch mehr Arbeitsplätze vorhanden. Insbesondere interessant bei der Globalisierung , wo die Umsätze fallen, und deshalb auch die Lohnkosten fallen müssen, was nur geht, wenn gleichzeitig die Kosten der Lebensführung sinken. Wäre es nicht auch schön, wenn endlich auch Selbständige Beiträge in die Sozialversicherungskassen einzahlen würden, und nicht alle Sozialversicherungsbeiträge über die Lohnnebenkosten der Arbeitnehmer erwirtschaften muss. Und die Sozialversicherungs-Tarife ohne Beitragsbemessungsgrenzen geregelt würden, und der Satz progressiv ansteigen würde, ähnlich wie der ESt.-Tarif aufgebaut ist ? Können Sie nicht dieses brisante Thema mehr erörtern ? Denn das ist der Grund, dass die Gesellschaft in Arm und Reich zerfällt, dass Sie ja so gerne auf die Tagesordnung bringen. Das vermisse ich etwas an den Grünen. Diese Ungerechtigkeit ist möglicherweise auch die Ursache für die wachsende Kriminalität und Hoffnungslosigkeit in der Bevölkerung.
Würde mich sehr über eine Antwort freuen.

Andreas Quelle

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Quelle,

Den Hamburger "Kammerzwang", also die Zwangsmitgliedschaft (und Zwangsbeitragszahlung!) für bestimmte Berufsgruppen in den Handwerkskammern lehnen wir im Gegensatz zu CDU und auch FDP seit langem ab. Das Problem, das ich darin sehe, ist vor allem, dass die Kammern selbst politische Meinungen vertreten, die teilweise den Interessen bestimmter Mitglieds-Handwerksbetriebe mit z.B. ökologischer Ausrichtung direkt widersprechen.
Der teilweise überholte Meisterzwang wurde unter der Rot-Grünen Bundesregierung bereits gelockert. Für 53 Berufe ist der Meisterzwang aufgehoben worden. Dabei darf das Hauptaugenmerkt natürlich nicht nur auf geringeren Kosten liegen - schließlich soll jeder Handwerksbetrieb seine Mitarbeiter auch angemessen bezahlen. Ein Mindestlohn gehört meiner Ansicht nach deshalb genauso zu einem gerechten Wirtschaftssystem wie die größt mögliche Freiheit, ohne bürokratische Hemmnisse einen Handwerksbetrieb eröffnen zu können.
Bei Steuerberatern - als Nicht-Handwerksberuf - liegt die Sache etwas anders. Als so genannter "freier Beruf" unterliegt ein Steuerberater nicht der Gewerbeordnung und kann sich auch außer in Sondergebieten überall niederlassen. Steuerberatung ist natürlich auch ein hochkomplexes Gebiet, das enorm viel Wissen und Erfahrung über steuerliche Gegebenheiten verlangt. Deshalb halte ich es für richtig, dass die Bezeichnung "Steuerberater" quasi als geschütztes Markenzeichen bleibt. Vergleichbar sind hier ja Bezeichnungen wie "Diplom" oder ähnliches.

Dass Selbständige, Beamte, jeder, der im Berufsleben steht in die Sozialversicherung einzahlt ist eine zentrale Forderung der GRÜNEN. In unserem Konzept der "Bürgerversicherung" zahlen alle im Sinne eines solidarischen miteinanders ein. Also auch Politiker.
In unserem Konzept soll im übrigen nicht mehr die Herkunft der Einkünfte über den zu zahlenden Beitrag entscheiden, sondern allein die Höhe. Miet- und Zinseinkünfte sind auch Einkünfte und müssen gleich behandelt werden mit dem "normalen" Lohn. Dazu fordern wir für die Lohnnebenkosten auch ein Progressivmodell: Die Lohnnebenkosten sollen im unteren Bereich radikal gesenkt werden und dann progressiv - ähnlich wie bei der Steuer - ansteigen. Das wäre in der Tat ein Beitrag für mehr Beschäftigung in Deutschland! Und mehr Beschäftigung bedeutet natürlich auch mehr Perspektiven für die Menschen. Wobei ich die Zukunft unseres Systems nicht alleine in der Erwerbswirtschaft sehe. Wichtig ist, dass man etwas sinnvolles tut - auch beispielsweise ehrenamtliche Arbeit kann eine Bereicherung für das eigene Leben und für das anderer Menschen sein.

Mit freundlichen Grüßen,
Vasco Schultz