Frage an Vasco Schultz von Lydia M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schultz,
die Linke bangt um den Einzug in die Hamburgische Bürgerschaft, während die FDP eventuell nach langer Zeit wieder einzieht. Hat Ihnen die Kommunismusdebatte Ihrer Parteichefin geschadet? Wie beurteilen Sie die Werbekampangne der FDP? Und warum kandidieren Sie eigentlich zugleich für Bezirksversammlung und Bürgerschaft? Glauben Sie nicht an Ihren Einzug in die Bürgerschaft durch ein Direktmandat, ohne auf der Landesliste Ihrer Partei aufgestellt worden zu sein? Welche Koalitionsaussagen machen die Linken?
Mit freundlichen Grüßen
Lydia Meier
Sehr geehrte Frau Meier,
Kommunismus-Debatte:
Die "K-Debatte" hat uns natürlich geschadet. Weniger der Artikel von Gesine Lötzsch selbst sondern die ziemlich verzerrte Berichterstattung darüber. Ich fand es auch ziemlich unklug, zum jetzigen Zeitpunkt so eine Debatte zu führen.
Ich selbst habe mit Kommunismus auch nix am Hut. Nicht, weil ich die Ziele, die sich dahinter verbergen nicht durchaus auch teile sondern weil dieser Begriff einfach verbrannt ist. Im Namen eines vermeintlichen "Kommunismus" wurden eine Vielzahl grauenhafter Verbrechen begangen. Wer sich für Gerechtigkeit, Solidarität, Frieden und Ökologie einsetzt, der tut seinem Anliegen keinen Gefallen, wenn er akademische Debatten über "Kommunismus" führt. Denn die Menschen assoziieren damit eher Stalin, Nordkorea, Krieg, Vertreibung und Massenmord. Die LINKE setzt sich für einen "demokratischen Sozialismus" ein und ist explizit auch keine kommunistische Partei. Das unterstütze ich. Ich bin allerdings guter Dinge, dass wir in der nächsten Bürgersschaft vertreten ssein werden. Letztendlich zählt bei den Menschen eben doch das konkrete Anliegen, die Gesellschaft gerechter zu gestalten.
Werbekampagne der FDP:
Als Jemand, der sich in der Werbung auch ein wenig auskennt, fehlt mir bei der FDP irgendwie die Botschaft. Selbst CDU , SPD und GAL haben da mehr Inhalte. Wofür steht die FDP? Aus der Kampagne wird mir das nicht klar. Wenn ich das politisch bewerten soll: Die FDP hat keine Inhalte außer dem Willen, möglichst irgendwie im Senat zu sitzen. Dieser innerlich völlig zerstrittene Haufen hat nur einen gemeinsamen Nenner: Regieren um jeden Preis.
Hoffentlich haben die Menschen in Hamburg die letzte FDP-Regierungsbeteiligung der FDP in der Hansestadt noch nicht vergessen. Die war ja an Inkompetenz und Peinlichkeit nicht zu überbieten.
Meine Kandidatur:
Ich schätze meine Chancen, im Wahlkreis 11 für die Bürgerschaft gewählt zu werden realistisch ein: Die Chancen sind nicht besonders groß. Was natürlich nciht heist, dass ich es nicht mit allen Mitteln versuche! Ich mache aber sehr gerne Politik und würde, sollte es mit der Bürgerschaft nicht klappen, gerne weiter in der Bezirksversammlung in Wandsbek mitarbeiten. Es macht mir einfach eine Menge Spaß - wenn auch im Kleinen - etwas für die Menschen tun zu können. Man lernt viele besondere Menschen kennen und auch sehr viel über sehr viele Dinge und Zusammenhänge. Ich glaube, ich kann da noch einiges bewegen.
Koalitionsaussage:
Offiziell haben wir glaube ich keine Koalition ausgeschlossen. Ein entsprechender Antrag für das Wahlprogramm fand keine Mehrheit. Das finde ich auch gut so: Alle demokratischen Parteien müssen zumindes theoretisch miteinander reden können. Die letztendliche Entscheidung trifft dann sowieso ein Parteitag und dort wird dann mit Sicherheit sehr heftig inhaltlich gestritten werden, sollte es einmal soweit sein.
Wenn Sie mich fragen, dann hätte ich auch nichts gegen eine Koalition mit der CDU, wie es sie in einigen ostdeutschen Kommunalparlamenten ja auch gibt. Mir geht es um die Inhalte. Und - so unwahrscheinlich das natürlich auch ist - sollte die CDU oder irgendeine andere Parteienkonstellation in Hamburg bereit sein, sich für Mindestlöhne, gegen Atomkraftwerke, für erneuerbare Energien, die Abschaffung von Hartz 4, gegen Sonntagsöffnungen, für kostenlose KiTas etc. einzusetzen, dann sollten wir das genau prüfen. Ich sehe so ein Bündnis aber derzeit nicht. Die SPD hat mit Olaf Scholz jemanden aufgestellt, der als einer der Architekten der Agenda 2010 für genau das Gegenteil von dem steht, für das ich mich einsetze.
Unsere Fraktion hat aber in den letzten Jahren gezeigt, dasss man auch aus der Opposition heraus durchaus einiges bewegen kann, wie man auch im Rechenschaftsbericht lesen kann: http://www.linksfraktion-hamburg.de/fraktion/mitglieder/linke_opposition_zwei_jahre_in_der_buergerschaft/
Grüße,
Vasco Schultz