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Vasco Schultz
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Frage von Michael H. •

Frage an Vasco Schultz von Michael H. bezüglich Familie

Hallo Herr Schultz!

Mit großem Interesse verfolge ich den Wahlkampf der Linken. Ich bin berufspolitisch im Gesundheitsbereich engagiert und hätte ein paar allgemeine, aber auch spezielle Fragen:

Wie schätzen Sie deren Nutzen der Konjunkturpakete ein? Sind weitere Maßnahmen, etwa steuerliche Erleichterungen für Angestellte, angedacht?

Welche Maßnahmen sind zur Stärkung der Position der Familien und zur Verbesserung der Bildungssituation geplant?

Wie wollen Sie die berufliche Gleichstellung weiter umsetzen?

Welche Ziele werden gesundheitspolitisch in der nächsten Legislaturperiode verfolgt? Stichwort Gesundheitsfonds, alternde Gesellschaft

Wie ist Ihre Position zur Frage des Fortbestands von Apotheken? Wie beurteilen Sie Apothekenketten, Versandapotheken bzw. Pickup-Stellen für Rezepte? Sollte ein Versandverbot verschreibungspflichtiger Arzneimittel (Rx) doch noch eingeführt werden? Wie kann gegen die zunehmende Zahl von Arzneimittelfälschungen vorgegangen werden?

Wie können Ausbildungsberufe und Studiengänge so harmonisiert werden, dass deutsche Angestellte im europäischen Wirtschaftsraum bessere Chancen haben?

Wie beurteilen Sie die zukünftige Bedeutung von Gewerkschaften? Erscheinen dabei eher Mindestlöhne oder eine konsequentere Umsetzung der Tarifbindung sinnvoll?

Für Ihre Antwort bedanke ich mich herzlich!

Beste Grüße

MH

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Heuvel,

Ich bin nicht gerade der Experte für den Gesundheitsbereich, bin allerdings nach einigem Suchen und Herumfragen fündig geworden bei einer Antwort auf einen Wahlprüfstein der ADEXA, den Sie hier finden können: http://die-linke.de/fileadmin/download/wps_linksfraktion/298.pdf

Die Antworten auf ihre konkreten Fragen habe ich Ihnen hier einmal zusammen gestellt:

Konjunkturpakete:
Union und SPD reagieren konzeptlos und mutlos auf die Bankenkrise. Milliarden an Bürgschaften und Kapitalspritzen zu vergeben, ohne jeden Einfluss auf die Geschäftspolitik der Banken zu nehmen, ist der falsche Weg. Um Transparenz zu schaffen, um die Kosten für den Staat zu vermindern und um den Kreditfluss wieder in Gang zu setzen, fordert DIE LINKE, marode Banken konsequent in die öffentliche Hand zu überführen. So wird die Refinanzierung der betroffenen Banken billiger, und so können sie sich ihrer Kernaufgabe, der Kreditgewährung, wieder zuwenden. Darüber hinaus verlangt DIE LINKE grundlegende Reformen des Finanzsektors. Destabilisierende Bankpraktiken, wie etwa Kreditverbriefungen und Zweckgesellschaften ohne Eigenkapital, sind zu verbieten. Im Interesse auch von Angestellten und kleinen Unternehmen fordert DIE LINKE eine sozial gerechte Reform der Einkommensteuer. Der Grundfreibetrag (steuerliches Existenzminimum) soll auf 9.300 Euro steigen. Das darüber hinaus gehende Einkommen sollen mit einem Eingangssteuersatz von 15 Prozent belegt werden. Der Steuertarif soll linear auf einen Spitzensteuersatz von 53 Prozent ansteigen, der ab einem zu versteuernden Einkommen von 65.000 Euro gelten soll. Gleichzeitig fordert DIE LINKE eine deutliche Erhöhung der Steuern auf Unternehmens- und Vermögenseinkommen.

Familien:
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beginnt am Arbeitsplatz. Das wurde von der Familienpolitik viel zu lange vernachlässigt. Alleinerziehende sind in besonderem Maße auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angewiesen, an sie wird aber häufig als letztes gedacht. Eltern stoßen viel zu oft schmerzhaft an Grenzen, die Politik,Wirtschaft und Gesellschaft zu verantworten haben. Diese stehen daher in der Verantwortung für eine familienfreundliche Arbeitswelt. Wer gute und sichere Arbeit will, darf vor den Problemen von Familien nicht die Augen verschließen.
Die Fraktion DIE LINKE schlägt zur Stärkung der Rechte von Eltern am Arbeitsplatz vor:
- Die Rückkehr in den Beruf erleichtern;
- Familienfreundliche Arbeitszeiten schaffen;
- Die Betreuung von Kindern in Ganztagskitas und -schulen fördern;
- Kündigungsschutz von Eltern verbessern.

Gleichstellung:
Ohne Druck bewegt sich nichts. Wir fordern deshalb Maßnahmen und gesetzliche Regelungen, um die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen systematisch fördern. Dazu gehört u.a.:
- verbindliche Verfahrensvorschriften zur Umsetzung des Artikels 141 des EG-Vertrages zu veranlassen, um den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ durchzusetzen. Die Überwindung der Entgeltdifferenz zwischen Frauen und Männern ist auch für den öffentlichen Dienst zu gewährleisten;
- umgehend ein Gesetz zur Gleichstellung von Männern und Frauen in der Privatwirtschaft einzuführen, das die Privatwirtschaft u. a. verbindlich verpflichtet, den Anteil von Frauen in verantwortlichen Positionen und in den Führungsebenen systematisch zu erhöhen;
- ein Steuerrecht, das in seiner Wirkung keine geschlechterspezifischen Diskriminierungen, wie z. B. das Ehegattensplitting, enthält;
- einen Existenz sichernden, flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einzuführen, der als Einstieg 10 Euro brutto pro Stunde beträgt;
- Mini- bzw. Midi-Jobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu transformieren, die volle Ansprüche auf soziale Sicherung gewährleisten;
- das diskriminierende Prinzip der Bedarfsgemeinschaft beim Arbeitslosengeld II abzuschaffen und Individualansprüche einzuführen, um insbesondere Frauen, die mehrheitlich von der Aberkennung eigener Ansprüche betroffen sind, aus der finanziellen Abhängigkeit von ihren Partnern zu lösen;
- ein Programm zur Förderung der gleichen Teilhabe von Frauen und Männern an Erwerbsarbeit, das besondere Lebenslagen gezielt berücksichtigt: seien es z. B. familiäre Verpflichtungen, wie die Betreuung von Kindern und die Pflege älterer Menschen, ein Migrationshintergrund oder Behinderungen und die Schaffung von verbesserten Rechtsansprüchen auf Leistungen der Arbeitsförderung für BerufsrückkehrerInnen;
- einen Rechtsanspruch auf einen elternbeitragsfreien Betreuungsplatz für Kinder aller Altersgruppen sowie die Länder und Kommunen finanziell zu verpflichten und in die Lage versetzen, eine flächendeckende, qualitativ hochwertige und gebührenfreie ganztägige Betreuung für alle Kinder und Jugendlichen von 0 bis 14 Jahren anzubieten bzw. diese aufzubauen. Der Rechtsanspruch auf eine ganztägige Betreuung für jedes Kind ist auf Bundesebene festzuschreiben.

Gesundheitspolitik:
Damit alle Menschen in Deutschland die gleichen Chancen auf Gesundheit haben, müssen wir unser Gesundheitssystem weiterentwickeln. Gesundheitsförderung und
Prävention müssen eine zentrale Bedeutung erhalten, damit die Menschen gesünder werden, gesund bleiben oder seltener krank werden. Als Grundlage für eine soziale und gerechte Finanzierung der Gesundheitsversorgung brauchen wir:
1. Die Einführung der solidarischen Bürgerinnen -und Bürgerversicherung
2. Die Rekommunalisierung privatisierter Krankenhäuser
3. Die Abschaffung von Zuzahlungen
4. Die integrierte Versorgung durch poliklinische Strukturen
5. Die Prävention und Gesundheitsförderung als einer tragenden Säule im System

Seit Januar 2009 gilt der Gesundheitsfonds. Die Krankenversicherung wird damit aber nicht auf gesunde Beine gestellt. Auch hier gilt wieder: die Versicherten werden zusätzlich belastet, die Arbeitgeber entlastet. Der finanzielle Druck auf Ärzte und Krankenhäuser bleibt bestehen, und damit die Unsicherheit bei den Patientinnen und Patienten, ob sie die medizinisch notwendige Versorgung erhalten. Das wird sich erst ändern, wenn der Grundsatz gilt, dass ein gutes Gesundheitssystem die medizinisch gebotenen Leistungen finanziell absichern muss. Die Einnahmen müssen sich an den Ausgaben orientieren. Und die Einnahmen müssen sozial gerecht erhoben werden: von Arbeitnehmern wie von Arbeitgebern; und auch als Beitrag sowohl vom Lohn als auch vom Vermögenseinkommen. Wir fordern: Vollfinanzierung zu 100 Prozent, Keine Zusatzbeiträge, keine ausgrenzenden Wahltarife, jährliche Anpassung.

Die hauptsächlichen Kosten eines Versicherten fallen in den zwei Jahren vor seinem Tod an, unabhängig vom erreichten Lebensalter. Insofern ist die steigende Lebenserwartung erst einmal eine sehr erfreuliche Tatsache. Allerdings sind die Menschen aus dem unteren Einkommensdrittel benachteiligt: Gegenüber dem oberen Einkommensdrittel leben sie sieben Jahre kürzer. Auch deshalb müssen wir wesentlich mehr Anstrengungen unternehmen, um Gesundheitsförderung und Prävention zu einer tragenden Säule der Versorgung zu machen. Aufgrund des Rückgangs des Anteils der Berufstätigen brauchen wir die solidarische Bürgerinnen –und Bürgerversicherung. Dafür müssen auch andere Einkommensquellen (Kapital-, Miet- und Zinseinkünfte) zur Berechnung des Beitrages herangezogen werden.

Hier die Antworten zum Bereich Apotheken:

Wie ist Ihre Position zur Frage des Fortbestands wohnortnaher, inhabergeführter Apotheken?
Wir unterstützen den Fortbestand der wohnortnahen inhabergeführten Apotheke.

Wie beurteilen Sie Versandapotheken bzw. Pickup-Stellen für Rezepte?
Dies lehnen wir mit Verweis auf die fehlende Beratungsqualität ab.

Sollte ein Versandverbot verschreibungspflichtiger Arzneimittel (Rx) doch noch eingeführt werden?
Uneingeschränkt ja.

Ausbildungsberufe:
Die EU ist seit Jahren dabei, die Studiengänge anzugleichen bzw. kompatibel zu machen. Credit Point-Systeme, gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen und -abschlüssen haben mittlerweile einen großen Umfang angenommen. Die Einführung von Master- und Bachelorstudiengängen sehen wir kritisch und verfolgen die Entstehung der neuen Studiengänge mit Besorgnis, weil durch den Master wieder neue Zugangshürden für Studierende geschaffen werden.

Rolle der Gewerkschaften:
DIE LINKE fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro in der Stunde. Darüber hinaus sollen die Gewerkschaften auch weiterhin ihre Tarifauseinandersetzungen mit den Arbeitgebern führen. Gewerkschaften sind die wichtigsten Partner für alle abhängig
Beschäftigten.

Mit freundlichen Grüßen,
Vasco Schultz