Wie begründen Sie eine allgemeine Impfpflicht?
Sehr geerter Herr Abel,
auf welcher wissenschaftlichen Grundlage begründen Sie eine allgemeine Impfpflicht? Ggw. ist allgemein bekannt (z. B. RKI Wochenbericht vom 27.01.2022, Seite 28), dass sich ca. dreimal so viele Grundimmunisierte (2 x geimpft) und Geboosterte infizieren als Ungeimpfte. D. h., dass eine Impfung im Sinne einer Pandemieeindämmung wirkungslos ist, da ja die Impfquote in Etwa auch dem Anteil der infizierten Grundimmunisierten entspricht. Bitte lösen Sie diesen Widerspruch. Vielen Dank.
Detlef B., Grimma
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage. Mit der allgemeinen Impfpflicht sprechen Sie ein hochkomplexes Thema an, das rechtlich, medizinisch und insbesondere ethisch abzuwägen ist.
Die allgemeine Impfpflicht ist ein schwerwiegender Eingriff, der eine hinreichende Rechtfertigung erfordert, wie Sie selbst ansprechen. Für mich persönlich ist es sehr wichtig, alle milderen Mittel zuerst auszuschöpfen, um die Freiheit des Einzelnen angemessen zu berücksichtigen.
Leider schützt die Impfung nicht immer vor Ansteckung. Das zeigen auch die Statistiken, die Sie in Ihrer Anfrage anführen. Die Impfung ist dafür umso wirkungsvoller gegen schwere Verläufe. Das entlastet die Intensivstationen in Krankenhäusern und damit das Gesundheitswesen, wie die Hospitalisierungsraten während der Pandemie mehrmals gezeigt haben. Um eine Versorgung für alle Menschen sicherzustellen, muss das Gesundheitswesen auch weiterhin funktionsfähig bleiben. Das erreichen wir nur, wenn die Impfung genügend Menschen bei einer erneuten Welle vor schweren Verläufen schützt. Ob dies den schwerwiegenden Eingriff einer allgemeinen Impfpflicht rechtfertigt, zweifle ich allerdings an. Stattdessen sollte die Kommunikation über den Impfstoff deutlich verbessert werden. Ich unterstütze ein verpflichtendes Beratungsgespräch ein, bei dem alle die Möglichkeit haben, sich von medizinischem Personal über die Wirkungen des Impfstoffes zu informieren. Zur Pandemiebekämpfung muss sich weiterhin für die Zulassung und die Beschaffung von antiviralen Medikamenten eingesetzt werden.
Erst wenn diese Maßnahmen nicht genügen, um den Schutz der Bevölkerung durch eine ausreichende Impfquote zu erreichen, halte ich eine altersbedingte Impfpflicht für notwendig. Um den Eingriff möglichst gering zu gestalten, darf sie nur befristet und auf diese Risikogruppe beschränkt sein. Dabei ist regelmäßig zu überprüfen, ob wir auf die altersbedingte Impfpflicht noch angewiesen sind oder auch ohne diese Maßnahme ausreichend und langfristig gegen COVID-19 geschützt sind. Eine allgemeine Impfpflicht lehne ich dagegen ab.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen und wünsche Ihnen alles Gute und beste Gesundheit.
Mit freundlichen Grüßen
Valentin Abel, MdB