Frage an Uwe Lagosky von Matthias H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Guten Tag,
mich beschäftigt seit nun mehr 3 Minuten die Frage, was der Mindestlohn und das Tariftreue- und Vergabegesetz für Niedersachsen gebracht haben?
Können Sie, bzw. Ihr Team mir dazu ein Statement geben?
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Hartmann
Sehr geehrter Herr Hartmann,
für Ihre Fragen vielen Dank. Beim Thema Mindestlohn möchte ich auf drei Bereiche eingehen: Minijobs, den Aufwand der Arbeitszeiterfassung und die Einkommenshöhe der Dokumentationspflicht.
Minijobs. Mich freut, dass mit dem Mindestlohngesetz ein erheblicher Beitrag zur Lohngerechtigkeit in unserem Land geleistet wurde. In Niedersachsen sollen laut DGB 590.000 Menschen profizieren, davon seien zwei Drittel Minijobber. Wenn die Minijobzentrale vor einigen Wochen berichtete, dass rund 255.000 Minijobs verschwunden seien, muss genauer hingeschaut werden. Frank-Jürgen Weise, Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit, kommentierte das in einem Interview mit der Wirtschaftswoche vom 27. April folgendermaßen: „...sagt die Minijob-Zentrale. Nach unseren Berechnungen war der Rückgang im Januar um 135.000 stärker als üblich. Aber gleichzeitig gab es mehr sozialversicherungspflichtige Stellen in Branchen, für die der Mindestlohn relevant ist, etwa in der Gastronomie oder im Einzelhandel. Offenbar wandeln die Arbeitgeber zumindest teilweise Minijobs in Voll- oder Teilzeitstellen um.“ Dieses Mehr an sozialversicherungspflichtiger Arbeit wollten wir erreichen.
Aufwand der Arbeitszeiterfassung. Gefordert wird lediglich das Aufzeichnen von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit – dieses ein Mal wöchentlich. Das kann z.B. auf einer Excel-Tabelle oder einem Zettel erfolgen. Sofern Einsatzpläne vorliegen, genügen sie als Nachweis, wobei Abweichungen zu erfassen sind. Es gelten keine besonderen Formvorschriften (z. B. Unterschriftserfordernis). Es handelt sich um Grunddaten, die ohnehin im Interesse beider Seiten zur Ermittlung des korrekten Lohnes erforderlich sind und bereits heute in den allermeisten Fällen aufgezeichnet werden.
Nach Aussage der Finanzkontrolle Schwarzarbeit wurden bei Kontrollen fast überall in der Arbeitswelt Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegt – auch wenn diese nicht vorgeschrieben waren. Von einem „Bürokratiemonster“ – wie mitunter behauptet - kann also bezogen auf die Aufzeichnungspflichten überhaupt nicht die Rede sein. Dies ist gerade deshalb der Fall, weil etwaige Mehrbelastungen durch die Arbeitszeiterfassung schon drei Wochen nach Einführung des Mindestlohns keinen Sinn machten: Erstens finden Überprüfungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit erst zu Beginn des Folgemonats statt; zweitens muss sich das Procedere erst noch vollständig einspielen. Bezeichnend ist, dass bei den analogen Aufzeichnungspflichten bei Branchenmindestlöhnen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz mit Geltung für zeitweilig bis zu vier Millionen Beschäftigte die (vermeintliche) Bürokratie nie ein ernsthaftes Thema gewesen ist.
Mit Blick auf die Überprüfungen der Sozialabgaben rechtfertigen sich die Prüfungen beim Mindestlohn: Dort konnte innerhalb eines Jahres eine Schadenssumme von 800 Millionen Euro ermittelt werden, die insbesondere durch kriminelle Vereinigungen generiert wurde. Im Bereich Mindestlohn bestehen ebenfalls hohe Potenziale zum Schaden des Fiskus und damit zum Schaden aller Steuerzahler.
Betont sei in diesem Zusammenhang, dass eben kein prinzipielles Misstrauen gegen Arbeitgeber gehegt wird. Allerdings kann die Einhaltung des Gesetzes nur durch entsprechende Überprüfungen gewährleistet werden.
Einkommenshöhe der Dokumentationspflicht. Als CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind wir sehr daran interessiert, das Mindestlohngesetz dort zu verbessern, wo es praxistauglicher werden muss. So beschlossen wir einstimmig, dass die Dokumentationspflicht auf eine Einkommenshöhe von 2.958 Euro auf 1.900 Euro abgesenkt werden soll, was Ihrem Anliegen sehr nahe kommt. Wir erwarten, dass der Koalitionspartner nicht blockiert, sondern sich an einer unideologischen Prüfung von Hinweisen auf mögliche Verbesserungen beteiligt.
Das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz soll bis zum 31. Dezember 2015 vom Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) im Auftrag des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr evaluiert werden. Auf der Seite des LSN finden Sie „nach Erfordernis regelmäßig aktualisiert[e]“ Dokumente zur entsprechenden Umfrage: http://www.statistik.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=35027&article_id=125497&_psmand=40
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Lagosky