Frage an Uwe Kekeritz von Andrea V. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Kekeritz,
mit Verwunderung habe ich erfahren, dass sich ein grüner Umweltminister, Herr Habeck, für die Ölförderung im Schwedeneck, Eckernförderbucht einsetzt. Es gibt so einige Ungereimtheiten, wie eine zu geringe Fördermenge (400.000l?!!), als dass die Fördergesellschaft DEA - entgegen ihrer Aussagen - auf Fracking verzichten könnte. Und das alles in einem Naturschutzgebiet. Befürwortet von einem GRÜNEN Umweltminister.
Was steckt dahinter? Welche Gründe gibt es, in einem ökologisch sensiblen und darüber hinaus geschützten Gebiet eine Umweltkatastrophe zu riskieren wegen einer lächerlich geringen Ölfördermenge?
Warum sollte man bei derartigen Fehlentscheidungen in Sachen Naturschutz in Zukunft Grün wählen? Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind und bleiben die Kernkompetenz der Grünen, dachte ich zumindest mal.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
mit freundlichen Grüßen
Andrea Vogel
Sehr geehrte Frau Vogel,
meine Fraktion und ich sind hier im Bundestag natürlich dagegen, in ökologisch sensiblen Bereichen derart tätig zu werden. Wenn es nach den GRÜNEN ginge, würde dies auch nicht geschehen. Jedoch ist der Bund nur über die der Entscheidung zu Grunde liegenden Gesetzgebung involviert - und hier sind Grüne seit nunmehr Ende 2005 nicht mehr in der entscheidenden Position.
Anfragen zur Verwaltungspraxis und zum Abstimmungsverhalten der Landesregierung Schleswig-Holstein im Bundesrat bzw. des dortige Umweltministers Robert Habeck sind zuständigkeitshalber am besten durch diese zu beantworten, weshalb ich an dieser Stelle auch nur auf die mir von dort zur Verfügung gestellten Informationen zurück greifen kann. Darauf aufbauend darf ich den Sachverhalt wie folgt wiedergeben.
Robert Habeck hat sich in seiner Rede im Bundesrat am 8.7.2016 klar vom Fracking-Gesetz der Bundesregierung, das mit den Stimmen von CDU, CSU und SPD im Bundestag (und gegen die der grünen Fraktion) verabschiedet wurde, distanziert. Er hat ausdrücklich gesagt dass er ein vollständiges Verbot des Frackings überall in Deutschland befürwortet. Hier der Link zu der Rede: http://www.bundesrat.de/video?id=6971062
Schleswig-Holstein hat diese Linie immer aktiv verfolgt und bereits im Jahr 2013 eine Initiative zum Verbot des Fracking im Bundesberggesetz in den Bundesrat eingebracht, siehe: http://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/V/Presse/PI/2013/0513/MELUR_130503_Fracking.html
Der Vorschlag hat damals leider keine Mehrheit gefunden, ist von uns aber über die gesamte Beratungsdauer des Frackinggesetzes der Bundesregierung immer weiterverfolgt worden. Kaum ein Land hat sich über die letzten Monate so eindeutig gegen Fracking ausgesprochen wie Schleswig-Holstein.
Die Bürgerinitiative Schwedeneck stellt nach Auffassung der Landesregierung Schleswig-Holstein die Zusammenhänge wenn nicht falsch so doch stark verkürzt und damit sinn-entstellend dar.
Schleswig-Holstein und sein Umweltminister Habeck finden das vorgelegte Gesetz der Bundesregierung schlecht. Es ist zugleich aber deutlich besser, als der gesetzliche Zustand ohne dieses Gesetz - denn dann wäre Fracking gänzlich unreguliert. Daher hat sich die Landesregierung entschlossen das Gesetz im Bundesrat nicht zu verzögern. Mehr als eine Verzögerung ist bei einem so genannten Einspruchsgesetz nicht zu erreichen. Jede Änderung, die theoretisch auf Druck der grün-mitregierten Länder im Bundesrat erreicht worden wären, hätte die SPD-CDU-CSU-Mehrheit im Bundestag durch einfache Abstimmung zurückweisen können. Das Gesetz wäre dann unverändert - nur eben etwas später - in Kraft getreten. An der Situation im sog. Schwedeneck hätte das also nichts verändert, der unregulierte Zustand für das Fracking hätte aber länger fort bestanden - und damit wären dann in vielen anderen Regionen Deutschlands Verbote für Fracking (noch) nicht möglich gewesen.
Was das Schwedeneck im Hinblick auf die Ölförderung betrifft so ist auch hier die Situation anders als von der Bürgerinitiative dargestellt:
Die Genehmigung zur Aufsuchung (nebst zugehörigem Betriebsplan dafür) beinhaltet lediglich Untersuchungen der Vorkommen durch die DEA, die Ölförderung selbst ist weder genehmigt noch beantragt.
Wenn ein Antrag auf Ölgewinnung erfolgt kann dieser nur genehmigt werden wenn ausgeschlossen ist, dass Grundwasser – und damit faktisch Trinkwasser – oder die Erhaltungsziele der Natura 2000-Gebiete gefährdet sind. Ob das so ist, kann erst bei der genauen Prüfung gesagt werden.
Alles weitere dazu findet sich in einem FAQ des Umweltministeriums Schleswig-Holstein: http://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/V/_startseite/Artikel/160226_faq_schwedeneck.html
Das Umweltministerium muss das Verfahren nach rechtsstaatlichen Prinzipien durchführen, unabhängig davon ob der Landes-Umweltminister selbst eine Erdölförderung gut findet oder nicht. Es ist also keine politische Entscheidung (mehr) der Landesregierung, die hier Bundesgesetze befolgen und anwenden muss. In der Bundesgesetzgebung wiederum haben Grüne derzeit über den Bundesrat nur ein kleines und im Bundestag seit Ende 2005 gar kein Mitspracherecht.
Daher ist und bleibt es dabei: Um Umweltthemen in der Bundesgesetzgebung den nötigen Stellenwert einzuräumen, müssen Sie weiterhin - und vielleicht jetzt erst recht - grün wählen.
Grüße
Uwe Kekeritz