Frage an Uwe Kekeritz von Michaela F. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Kekeritz,
nach den mir vorliegenden Informationen ist beabsichtigt, das Transsexuellengesetz an die neueren medizinischen und gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen. Einer der Eckpunkte wird dabei auch die Neugestaltung des Nachweises vorliegender Transsexualität und die damit einhergehende Straffung des gutachterlichen Verfahrens sein.
Im Hinblick auf die Situation von intersexuellen Menschen beabsichtigt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine interministerielle Arbeitsgruppe einzurichten. Die in diesem Gremium zu erwartenden Diskussionen und Lösungsansätze werden auch Wechselwirkungen zum Transsexuellenrecht enthalten.
Ich bitte Sie um Informationen darüber, wer der Arbeitsgruppe zum Thema Transsexualität angehört und inwieweit transsexuelle Menschen in den Entscheidungsprozess miteingebunden werden.
Vorab besten Dank und
Freundliche Grüße
Michaela Fischer
Sehr geehrte Frau Fischer,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Leider können wir als Oppositionspartei nur schwer einschätzen, was mit dem Transsexuellengesetz (TSG) unter Schwarz-Rot passieren wird. Im Koalitionsvertrag ist lediglich eine allgemein gehaltene Formulierung zu finden, dass die „besondere Situation von trans- und intersexuellen Menschen in den Fokus“ zu nehmen ist.
Weil das geltende TSG nicht dem Stand der heutigen Wissenschaft entspricht, hat die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen in der letzten Wahlperiode den Entwurf eines Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit (ÄVFGG) in den Deutschen Bundestag eingebracht. Damit sollen die Grundrechte Transsexueller in vollem Umfang verwirklicht werden, indem die tatsächliche Vielfalt von Identitäten akzeptiert wird, anstatt transsexuelle Menschen in vorgegebene Raster zu pressen und ihnen das Leben zu erschweren. Hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten Inhalte unseres Gesetzentwurfs: wir wollen die Verfahren für die Änderung der Vornamen und zur Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit deutlich vereinfachen und nur vom Geschlechtsempfinden des Antragstellers abhängig machen. Es soll auf die bisherige Begutachtungspraxis verzichtet werden. Der Antrag ist beim Standesamt zu stellen, so dass die Vornamensänderung und Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit im Rahmen eines Verwaltungsaktes erfolgen sollte. Ein wesentlicher Schwerpunkt unseres Gesetzentwurfs ist auch die Reform des Offenbarungsverbotes - also des Verbotes, die neue geschlechtliche Identität zu ignorieren oder auf die alte Identität abzustellen. Den vollständigen Gesetzentwurf finden Sie unter http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/17/022/1702211.pdf.
Nun zu Ihrer Frage zur interministeriellen Arbeitsgruppe Intersexualität/Transsexualität: Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das Bundesministerium des Inneren (BMI) und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sind ständige Mitglieder der AG. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung verzichtet auf eine ständige Mitgliedschaft und nimmt anlassbezogen an den Sitzungen teil. In der AG sollen folgende Punkte geprüft werden:
- Ausbau und Stärkung von Beratungs-, Aufklärungs- und Präventionsstrukturen für intersexuelle Menschen und ihre Eltern
- Möglichkeiten der Kostenübernahme von erforderlicher Hormonersatztherapie bzw. psychotherapeutischer Unterstützung für intersexuelle Menschen
- gesetzliche Regelungsmöglichkeiten für ein Verbot von geschlechtszuweisenden und -anpassenden OPs an minderjährigen Intersexuellen ohne deren ausdrückliche Einwilligung (Ausnahmen bei Lebensgefahr bzw. Vorliegen einer medizinischen Indikation)
- Gesetzesänderungen (Evaluation und ggf. Anpassung des Personenstandsrechts, notwendige Folgeänderungen in anderen Rechtsgebieten, insbesondere im Familienrecht und dem TSG)
Am 24.9.2014 fand das erste Treffen der AG statt und Mitte 2015 sollen erste Ergebnisse vorliegen. Betroffenenverbände sollen ebenfalls mit einbezogen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Kekeritz