Frage an Uwe Kekeritz von Christiopher S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Kekeritz,
Ich, 20 Jahre Jung, träume von den Vereinigten Staaten von Europa und einer vereinigten Welt.
Dies ist im Moment natürlich noch Wunschdenken aber im Zuge der Finanz/Bankenkrise und der damit verbundenen Staatsschuldenkrise und dem eventuellen scheitern des Euros kann eine politische Union einer unserer letzen Auswege sein.
Schon Helmut Kohl war damals für eine politische Union zusammen mit einer Währungsunion, was wir bekommen haben sehen wir ja jetzt.
Nationen mit unterschiedlicher Wirtschaftskraft, mit verschiedenen Gesetzen und Politikern aber mit einer Einheitswährung... dies kann auf Dauer nicht gut gehen, wie wir jetzt sehen können.
Meine Frage: Wie stehen sie persönlich und auch B90/Die Grünen zu den Vereinigten Staaten von Europa nach föderalistischem demokratischen Prinzipien. Irgendwann wird dieser Schritt eh gegangen werden, die Frage ist nur ob in 50 Jahren oder noch in diesem Jahrzehnt.
Freundliche Grüße aus Fürth
Sehr geehrter Herr Schemes,
ich freue mich über Ihre Zuversicht und Ihren Enthusiasmus in Sachen Europa und europäischer Einigung.
Ich muss gestehen - das ist vielleicht auch eine Generationenfrage -, dass ich hier vorsichtiger und skeptischer bin. Der Weg der "immer engeren Union" ist der Richtige, zu welchem Ende er führen wird und ob letztlich ein Föderalstaat der in allen Politik-Bereichen "Vereinigten Staaten von Europa" dereinst entstehen wird, wage ich nicht zu prognostizieren. Ich wage die These, dass die BürgerInnen (noch) nicht bereit sind, so weit zu gehen.
Ich selbst bin es auch nicht, denn von entscheidender Bedeutung ist der demokratische Aufbau und die Rückbindung an die Bevölkerung sowie die ebenfalls zu gewährleistende Subsidiarität eines - wie eng auch immer - europäischen Bundesstaates. Ebenfalls fehlt bislang bei zu vielen Menschen die "europäische" Identität, wie sie meines Erachtens nach notwendig ist für die Begründung eines gemeinsamen Staates. Deshalb war ich auch skeptisch in Bezug auf die Einführung unserer gemeinsamen Währung. Die dafür notwendige politisch viel weitergehende Union war 1992 nicht möglich. Ohne diese waren die jetzigen Probleme jedoch vorgezeichnet.
Dennoch: Die aktuelle Problemlage führt mich keineswegs dahin, dass wir alles zurückdrehen müssten. Der Euro ist eingeführt und er muss nun Bestand haben. Die politische Union - mindestens in den Bereichen Wirtschaft und Finanzen - ist der nächste logische Schritt. Die einzige - viel schlechtere - Alternative wäre die Rückkehr zu den nationalen Währungen. Das halbherzige Durchgewurschtel der Kanzlerin jedenfalls muss genauso aufhören wie die unmöglichen nationalistischen Attacken von Söder und Dobrindt.
Die politisch wie finanziell teure Rückkehr zu den nationalen Währungen müssen und können wir verhindern. Auf der anderen Seite bedeutet eine dann notwendige tiefergehende Union - ohne dass wir dann schon von einem Bundesstaat reden müssen - mehr Solidarität und damit auch mehr Transfers. Das zu vermitteln wird ein Kraftakt, zudem vor dem Hintergrund, dass Ministerpräsident Seehofer eine Klage gegen den innerdeutschen Finanzausgleich anstrebt und hierbei einen erheblichen Teil der Bevölkerung auf seiner Seite hat.
Zusammenfassend: Ich bin der "immer engeren Union" in Europa positiv gegenüber eingestellt, glaube aber, dass die BürgerInnen nur allmählich und Schritt für Schritt bereit sind, hier weiter voranzugehen. Zu schnelle und zu weitgehende Ideen führen eher dazu, dass die Menschen erschreckt zurückweichen, als dass wir vorankommen.
Mit besten Grüßen
Uwe Kekeritz