Frage an Uwe Doering von Frank D. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Doering,
welche Möglichkeiten und welche realen Chancen sehen Sie, für einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel in Deutschland alle linken und fortschrittlich orientierten Kräfte - z.B. mit der Abgeordnetenhauswahl in Berlin - zu sammeln und zu vereinen? Ich sehe mit wachsender Besorgnis im linken Spektrum vor allem altbekannte Grabenkämpfe und -kämpfer, die aus der Geschichte ihrer Spaltung wenig gelernt zu haben scheinen. Was könnte und würde die Die Linke künftig besser machen wollen, um in dem legitimen Kampf gegen Rechts und für mehr soziale Gerechtigkeit in Berlin eine breite Front aller Gutwilligen in der Bevölkerung - mit oder ohne Parteibuch - zu erreichen und wirklich vorzeigbare Erfolge zu erzielen?
Sehr geehrter Herr Dutch,
vielen Dank für Ihre Anfrage, aus der eine Besorgnis spricht, die ich leider teilen muss. Die gegenwärtige Debatte in der LINKEN und über die LINKE hilft meiner Meinung nach niemandem, am wenigsten einer gemeinsamen linken Idee und Bewegung. Sicher, sie wird uns in Wahlkämpfen auch von außen aufgezwungen, aber die Wucht, die sie entwickelt, zeigt, dass in den eigenen Reihen viel Zündstoff vorhanden ist und viele Grundfragen noch offen sind. In gewisser Weise ist das auch verständlich. DIE LINKE ist noch immer eine junge Partei, und es ist ein komplizierter Prozess, die Mitglieder von ihren doch sehr verschiedenen Ausgangspunkten zusammenzuführen.
Diese Sammlung wird nur im Dialog gehen, indem Angebote gemacht und offen diskutiert werden und man sich schließlich in bestimmten grundlegenden Punkten trifft. Wünschenswerterweise sind das dann Angebote nicht nur in die Reihen der eigenen Partei hinein, sondern solche an alle linken, demokratischen und fortschrittlich orientierten Kräfte. Dafür setze ich mich ein. Und auch viele meiner Genossinnen und Genossen. Gerade das gibt mir Hoffnung für die Zukunft.
Und doch ist es wahrscheinlich eine Illusion, dass es eine einheitliche, homogene Linke geben kann. Möglicherweise ist es auch gar nicht wünschenswert, dass sich Linke in allen Punkten einig sein müssen. Denn nur die Widersprüche und ihre Lösung bringen uns voran. Ich glaube, dass es uns besser gelingen muss - und ganz gewiss auch kann -, übereinstimmende Grundpositionen zu entscheidenden gesellschaftspolitischen Fragen und strategischen Ausrichtungen zu erringen und diese dann auch gemeinsam zu vertreten.
Das zu erreichen, ist nicht nur eine Frage der politischen Debatte, sondern auch der politischen Kultur. Und zurzeit werden auch nach meiner Auffassung unsere Konflikte zu oft als erbitterte Schlachten oder - wie Sie sagen - als Grabenkämpfe ausgetragen. Ich habe in meinem politischen Leben immer die Erfahrung gemacht, dass auf diese Weise Meinungsstreit selten produktiv wird.
Sehr geehrter Herr Dutch,
zu den übereinstimmenden Grundpositionen der LINKEN gehören auf jeden Fall die soziale Qualität einer Gesellschaft und auch der überparteiliche demokratische Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Neofaschismus.
Sie wünschen sich, hier mit allen Gutwilligen in Berlin wirklich vorzeigbare Erfolge zu erzielen. Wir haben in den vergangenen zehn Jahren solche Erfolge erzielt! Erfolge, auf die wir stolz sein können und mit denen wir uns nicht verstecken müssen. In Berlin sind in Größenordnungen neue, sozialversicherte Arbeitsplätze entstanden. Wir haben mit dem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor vielen Langzeitarbeitslosen die Chance eröffnet, wieder selbst für sich und ihre Familie zu sorgen - mit tariflich bezahlter Arbeit oder wenigstens mit Mindestlohn. Mit Arbeit, die in der Stadt gebraucht wird. Wir haben dafür gesorgt, dass Tausende von Leiharbeitern nachträglich mehr Geld erwarten können, weil wir wegen Dumpinglöhnen gegen die sogenannten Christlichen Gewerkschaften vorgegangen sind, denen das Bundesarbeitsgericht daraufhin die Tariffähigkeit abgesprochen hat. In Berlin ist Bildung von der Kita bis zum Studienabschluss gebührenfrei. Die Gemeinschaftsschulen sorgen für mehr Chancengleichheit. Wir haben den SozialPass und mit ihm das 3-Euro-Ticket für Kultureinrichtungen.
Es gibt viele weitere Beispiele für ein sozial gerechteres Berlin, die ohne uns in der Regierung nicht möglich gewesen wären. Und die wir auch in der Koalition erkämpfen mussten. Ohne uns sähe die Stadt heute anders aus. Auf alle Fälle weniger sozial. Natürlich ist vieles offen geblieben, was wir uns selbst gewünscht haben. In manchem konnten wir uns in der Koalition auch einfach nicht durchsetzen. Das ist so. Da bleibt also auch reichlich zu tun, für das wir in den kommenden Jahren um Mehrheiten ringen werden. Und ganz im Sinne des oben Ausgeführten: offen für jede und jeden, die oder der unsere sozialen Ziele mit uns verfolgen und durchsetzen will.
Dafür trete ich ein. Ich würde mich freuen, Sie dabei an meiner und unserer Seite zu wissen.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Doering
(P.S. Viele Informationen über unsere Arbeit finden Sie auch unter http://www.linksfraktion-berlin.de/politik/publikationen/ )