Frage an Ute Vogt von Susan S. bezüglich Soziale Sicherung
Ich bin aufgrund eines Krankheitsfalls in meiner Familie im letzten Jahr mehrere Wochen mit der Alltagssituation eines Krankenhauses konfrontiert gewesen und war entsetzt über die Zustände dort. Es geht mir nicht um die medizinische Versorgung, die war bestimmt gut (das hoffe ich zumindest). Es geht mir um die pflegerische Versorgung, essen, trinken, Toilette, etc. Die Krankenschwestern und -pfleger haben keine Zeit, sich um einen Patienten zu kümmern. Ein kleines Beispiel: Das Essenstablett wurde hingestellt und eine halbe Stunde später wieder abgeholt, ohne dass der Patient gegessen hätte - weil er nämlich nicht in der Lage war, alleine zu essen. Das hat aber niemanden interessiert. Die Pflegekraft hat ihren Arbeitsauftrag erfüllt, indem sie dieses Tablett abgeholt hat. Was den Patienten betrifft, das interessiert in diesem System niemanden. Ich kann noch mehr solche Vorfälle berichten. Für mich als Angehörige war es ein Horror, diesen Zeitdruck und den damit einhergehenden unwürdigen Umgang mit den Patienten auszuhalten. Es gab keine Minute Zeit, auch nur das Wichtigste kurz abzuklären. Ich selber habe aufgrund dieser Erfahrungen kein Vertrauen mehr in unser Krankenhaussystem. Und ich wünsche mir ganz dringend Politiker, die sich dieses Themas annehmen. Deshalb meine Frage an Sie: Was ist Ihr politisches Konzept, um die missliche Lage in unseren Krankenhäusern zu verbessern?
Sehr geehrte Frau Stange,
danke für Ihre Frage.
Auch ich kenne die Situation, die Sie schildern, aus eigener Anschauung, weiß aber auch, dass viele Pflegekräfte sehr darum bemüht sind, dass sich die angespannte Personalsituation nicht negativ auf die Versorgung der Patientinnen und Patienten auswirkt.
Da wir uns der schwierigen Situation in den Krankenhäusern bewusst sind, war es unser oberstes Ziel bei der Krankenhausreform, mehr Pflegepersonal durchzusetzen. Denn eine gute Versorgung und Pflege der Patientinnen und Patienten kann nur mit ausreichend Personal sichergestellt werden.
Zum 1. Januar 2016 ist das Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung in Kraft getreten. Es soll die Qualität der Krankenhausversorgung stärken und die Zahl der Pflegekräfte am Krankenbett erhöhen.
Als SPD-Fraktion haben wir durchgesetzt, dass der bisherige Versorgungszuschlag von 500 Millionen Euro ab 2017 durch einen Pflegezuschlag ersetzt wird. Er soll den Häusern zu Gute kommen, die keine Pflegestellen abgebaut haben und ihr Pflegepersonal anständig entlohnen. So schaffen wir einen Anreiz, damit Krankenhäuser eine angemessene Pflegeausstattung vorhalten.
In der Zwischenzeit wird für die „Pflege am Bett“ ein Pflegestellen-Förderprogramm aufgelegt. Von 2016 bis 2018 sollen pro Jahr 660 Millionen Euro zur Verfügung stehen, damit die Krankenhäuser mehr Pflegepersonal einstellen können. Ab 2019 stehen dann dauerhaft bis zu 330 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Dadurch können voraussichtlich 6.350 zusätzliche Pflegekräfte beschäftigt werden.
Bis Ende 2017 wird zudem eine Expertenkommission überprüfen, wie der Pflegebedarf in den Krankenhäusern sachgerecht abgebildet werden kann. Ziel ist es, Personalmindeststandards zu erreichen, die die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte in den Krankenhäusern verbessern.
Hinzu kommt, dass seit des Regierungswechsels in Baden-Württemberg die Fördermittel für Krankenhäuser unter der Verantwortung unserer SPD-Ministerin Karin Altpeter ganz erheblich ausgeweitet wurden. Für die Jahre 2015 und 2016 stellt das Land den Krankenhäusern fast eine Milliarde Euro zur Verfügung. Im Vergleich zum Jahr 2010 ist das für 2016 eine Erhöhung bei den Gesamtmitteln um 35 Prozent und bei den Mitteln für das Jahreskrankenhausprogramm um 57 Prozent.
Mit der Krankenhausreform verbessern wir die Pflegesituation im stationären Bereich, damit das, was Sie aus dem letzten Jahr schildern, zukünftig nicht mehr „Alltagssituation eines Krankenhauses“ sein wird. Wir werden auch auf Bundesebene am Thema dranbleiben.
Herzliche Grüße
Ute Vogt