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Frage von Harald R. •

Frage an Ute Vogt von Harald R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Vogt,

einige Arbeitsrechtsprofessoren, gewerkschaftsnahe Juristen,ehemalige Verfassungsrichter und die AG sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen haben erhebliche Zwiefel an der Verfassungs,äßigkeit des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur Tarifeinheit. Völlig ungklärt ist die Nichtanwendbarkeit von ausgehandelten Tarifverträgen sowie die Beschneidung des Streikrechts der Koaltionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG. Branchen- und Berufsgewerkschaften stehen auch unter dem Schutz des GG. Außerdem haut der Europ. Menschengerichtshof unlängst in zwei Entscheidungen das Streikrecht für Spartengewerkschaften bestätigt.

Die Bundesregierung lehnt es ab trotz Anfrage, die o. g. Personen und Institutionen als Sachverständige im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens anzuhören.

Wie werden Sie im Gesetzgebungsverfahren über das Tarifeinheitsgesetz abstimmen?
Werden Sie einem Gesetz zustimmen können, welches vom BVerfG nach Einschätzung der Sachverständigen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit dem GG vereinbar erklärt wird?

Mit freundlichem Gruß
Harald Rose

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rose,

danke für Ihre Frage.

Anhörungen, die im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens stattfinden, werden nicht von der Bundesregierung durchgeführt, sondern vom jeweils federführenden Ausschuss des Bundestages. Am 04.05.2015 hat daher die Sachverständigenanhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Tarifeinheit stattgefunden und selbstverständlich wurden dort auch Sachverständige angehört, die dem Gesetzentwurf kritisch gegenüberstehen.

Hier wurde noch einmal genau von Experten geprüft, ob die angedachten gesetzlichen Regelungen verfassungsrechtlich sicher, also auch verfassungskonform sind. So hat der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Hans-Jürgen Papier, das Tarifeinheitsgesetz nochmals als verfassungsrechtlich unbedenklich bezeichnet. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber der Gefahr unbegrenzter Tarifpluralität begegnen will, die darin gesehen wird, dass Arbeitgeber mit ständigen Tarifvertragsverhandlungen und Arbeitskämpfen überzogen werden kann.

Aus meiner Sicht müssen die Vor- und Nachteile einer gesetzlichen Regelung zur Tarifeinheit nun ausführlich diskutiert werden. Tarifautonomie und eine gute Sozialpartnerschaft sind Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft und tragen wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands bei. Konflikte von konkurrierenden Gewerkschaften (Tarifkollisionen) schwächen jedoch das solidarische Miteinander in Betrieben und leisten einer Zersplitterung der Arbeitnehmervertretung Vorschub. Dies müssen wir auch in unseren Debatten berücksichtigen. Die SPD hat aber definitiv nicht die Absicht, in die Tarifautonomie einzugreifen und das Streikrecht einzuschränken.

Mit dem Gesetz soll vielmehr der Grundsatz der Tarifeinheit geregelt und dadurch die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie gesichert werden. Es wird weder in das Streikrecht, noch in die Koalitionsfreiheit eingegriffen. Es geht darum, zu dem bewährten Rechtszustand zurückzukehren, der vor dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts 2010 galt. Damit wollen wir die Arbeitnehmerschaft stärken und einer Zersplitterung derselben entgegen wirken.

Herzliche Grüße

Ute Vogt