Frage an Ute Vogt von Katja R. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Vogt,
ich bin nun schon mehrmals an einem Plakat der SPD zur Europawahl vorbei gekommen, dort steht: Für ein Europa der Menschen, nicht des Geldes.
Dann allerdings lese ich diesen Artikel : http://www.heise.de/newsticker/meldung/Europaparlament-stimmt-Investorenschutz-nach-TTIP-Vorbild-zu-2173345.html.
Dort muss ich lesen, das Abgeordnete der SPD einer Regelung der finanziellen Zuständigkeit Investor-Staat-Streitigkeiten vor Schiedsgerichten zugestimmt haben.
Warum konnte nicht bis nach der EU Wahl mit dieser Entscheidung gewartet werden, jetzt werden einfach Fakten geschaffen?
Mir ist nicht mal im Ansatz verständlich, warum es diese Schiedsgerichte geben soll, aber das die SPD dafür stimmt, das hat mich sehr zornig gemacht.
Werden wir jetzt nur noch belogen, und dann kommt die Beschwerde, es wäre unfair an Versprechen von vor der Wahl gemessen zu werden? Das ganze Leben ist nicht fair, soviel dazu.
Mich würde interessieren, wie Sie Ihren Kindern und Enkeln erklären, das es in Zukunft 2 Arten von Recht gibt. Einmal für Otto-Normalbürger und dann für Multinationale Untertnehmen. Die dürfen Staaten wegen entgangener Gewinne verklagen, aber die Staaten können Unternehmen nicht verklagen. Es gibt keine Berufungsinstanz und die Urteile sind bindend. Zur Krönung findet das hinter verschlossenen Türen statt, damit die Öffentlichkeit nur ja nichts davon mitbekommt.
Wie erklären Sie mir denn das Verhalten der EU Abgeordneten Ihrer Partei?
Wie sehen Sie denn generell das geplante TTIP?
Lohnt es sich für 0,5% Wachstum in 10 Jahren, den Rest unserer Sozial-und Umweltstandards dem Freihandel zu opfern? Widerspricht das nicht Ihrem Wahlspruch?
Mit sehr enttäuschten Grüssen
Katja Rauschenberg
Sehr geehrte Frau Rauschenberg,
danke für Ihre Frage.
Wir Sozialdemokraten lehnen ein Investor-Staat-Schiedsverfahren beim Freihandelsabkommen mit den USA ab. Wir befürchten, dass ein solcher Mechanismus finanzstarken Investoren Tür und Tor öffnet, um gegen unliebsame Gesetze im Bereich Gesundheit, Verbraucherschutz oder Umwelt vorzugehen. Wir wollen nicht, dass Investoren vor Schiedsstellen jenseits unserer staatlichen Rechtssysteme unbegrenzt Schadensersatzansprüche geltend machen können.
Im Europäischen Parlament wurde die Verordnung zur "Finanziellen Zuständigkeit bei Investor-Staat-Streitigkeiten vor Schiedsgerichten" verabschiedet. Diese Abstimmung hat nichts mit dem Freihandelsabkommen mit den USA zu tun. Vielmehr hat die Verlagerung der Zuständigkeit für Investitionsschutzabkommen von nationaler Ebene auf EU-Ebene durch den Lissabon-Vertrag im Jahr 2009 diese Verordnung notwendig gemacht. Geklärt wurden die finanzielle Zuständigkeit und die generellen Verantwortlichkeiten zwischen der EU und den Mitgliedstaaten im Falle von solchen Schiedsverfahren. Eine solche Regelung wird allein deshalb schon gebraucht, da leider bereits ein Abkommen in Kraft ist, das solche Investor-Staat-Schiedsverfahren beinhaltet: die Energiecharta.
Generell sind mit den TTIP-Verhandlungen Chancen und Risiken verbunden. Die Verhandlungen dürfen die Errungenschaften der EU im Bereich der Sozial-, Arbeits-, Umwelt-, Agrar-, Lebensmittel- und Gesundheitsstandards nicht in Frage stellen. Das hohe Schutzniveau für Verbraucher, Umwelt und Arbeit muss erhalten bleiben. Dasselbe gilt für das europäische Niveau von Verbraucherrechten und Datenschutzstandards.
Die Position der Fraktion der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament zum TTIP sowie weitere Informationen dazu finden Sie auf der Homepage des SPD-Europaabgeordneten Bernd Lange unter http://www.bernd-lange.de .
Mit freundlichen Grüßen
Ute Vogt