Frage an Ute Vogt von Valentin B. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Vogt,
vielen Dank für Ihre
Antwort. Aber warum verschleiern Sie in Ihrer Formulierung weiterhin die Wahrheit? Sie schreiben:
"In den 4,088 Mrd. sind schon zu erwartende Preissteigerungen eingeplant. Bahn, Land und Stadt haben Risikopuffer in Höhe von 1,45 Mrd. eingeplant."
Richtig wäre doch: Bahn, Land und Stadt HATTEN Risikopuffer in Höhe von 1,45 Mrd. eingeplant, von denen nach der offiziellen Kostenaktualisierung Ende 2009 aber nur noch rund 0,5 Milliarden übrig sind. Warum bezeichnen Sie einen Teil der offiziell mit Sicherheit ERWARTETEN Kosten indirekt immer noch als Risikopuffer? Glauben Sie etwa, dass das Ganze am Ende doch nur 3,076 Milliarden kosten könnte? Oder verstehen Sie das Wort "Risiko" im Sinne von erwarteten Preissteigerungen?
Ferner schreiben Sie: "Die Bahn AG geht nach eigener Bewertung von ihren angesetzten Kosten aus." Welchen Informationswert messen Sie selbst diesem Satz bei? Wollen Sie damit sagen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass jemand, der A behauptet, auch von A "ausgeht"? (Das könnte ich im Hinblick auf die DB AG durchaus nachvollziehen.) Oder meinen Sie vielmehr, dass die Bahn nach eigener Neubewertung bei ihrer zuvor angesetzten Kostenaussage bleibt? Ist für Sie die Eigenbewertung der Bahn eine hinreichende Urteilsgrundlage, und was sagen Sie zur Einschätzung durch den Bundesrechnungshof oder die Landesregierung? Und warum fordern Sie nicht volle Transparenz über die von Azer vorgelegte Risikoliste mit möglichen Kostensteigerungen von über 1 Mrd.?
Auch wenn die Landesregierung im Koalitionsvertrag die Übernahme von Mehrkosten über die 4,5 Mrd. hinaus ausgeschlossen hat - im Finanzierungsvertrag ist für diesen Fall nur von Nachverhandlungen die Rede. Davon abgesehen: Auch wenn die Bahn ihren Anteil aus erwirtschafteten Gewinnen zahlt - ist die Investition von Bahnmitteln in Großprojekte nicht dennoch eine öffentliche Angelegenheit? Gehört die Bahn nicht letztlich dem Bund?
MfG
Valentin Bayha
Sehr geehrter Herr Bayha,
die Bahn baut keinen Bahnhof um Sie oder mich oder die Bürger zu ärgern. Nach langen Planungen, Berechnungen und Erwägungen hat man sich gegen die anderen ab 1994 in der Diskussion befindlichen Modelle entschieden und sich auf Stuttgart 21 festgelegt. Seither laufen die Planungen, angeführt von hunderten Bahningenieuren, dem Architekturbüro Ingenhoven und dem Ingenieurbüro Sobek. Das sind allesamt gute Leute, zum Teil von Weltruf. Mein Job als Abgeordnete ist nicht, einen Bahnhof zu bauen oder tausende von Aktenordnern und Plänen mit Signalanlagen, Hangbrücken oder Grundwassermanagement zu prüfen - das könnte ich auch gar nicht. Ich habe mich für die Variante entschieden, die ich für richtig und schlüssig halte.
Dass der Stuttgarter Bahnhof einer Erneuerung bedarf, ist schon viel länger bekannt. Nachdem die Bahn nach der Wende in der ganzen Republik Bahnhöfe modernisiert hat, ist nun auch Stuttgart an der Reihe. Es war bekannt, dass hier wegen der Kessellage die Planung länger dauert und die Kosten höher liegen als im Schnitt. Die Bahn zahlt den Löwenanteil. Die Neubaustrecke ist Teil internationaler Vereinbarungen. Dass natürlich auch andere Regionen im Land und im Bund sich weitere Streckenausbauten wünschen, liegt auf der Hand. Da die verfügbaren Mittel aber dafür nicht ausreichen, müssen immer Prioritäten festgelegt werden. Nach zwanzig Jahren Vorschlägen, Diskussion, Planung und Entscheidungen ist eben nun Stuttgart an der Reihe.
Selbst der Erhalt des jetzigen Zustandes des Bahnhofs würde in die Milliarde(n) gehen, denn der gesamte Unterbau der Gleisanlagen ist marode. Die Variante "Kopfbahnhof 21" mit großem Flächenverbrauch und mit ebenfalls Tunnelbauten und mit wuchtigen Brücken über Neckar und Körschtal bietet im Preis-Leistungsverhältnis zu wenig. Und auch die Frage stellt sich, wie es sein kann, dass die angeblich so seriös durchgerechnete vermeintliche Alternative K 21 seit Jahren laut ihren Berechnungen nur 1,2 Mrd. Euro kostet (vgl. „K 21 – die Alternative zu Stuttgart 21”, 4. Auflage). Spielen Fakten wie Baustoffpreissteigerungen, höhere Lohnkosten etc. bei der vermeintlichen Alternative keine Rolle?
Auch wenn Sie Stuttgart 21 kritisch gegenüberstehen, bitte ich Sie zu respektieren, dass ich eine positive Meinung zum Zukunftsprojekt Stuttgart 21 habe. In der Sache denke ich, dass inzwischen wirklich alle wesentlichen Argumente ausgetauscht sind. Wenn der derzeitige Wissensstand für Sie reicht, dagegen zu sein - so reicht er für mich, dafür zu sein. Natürlich ist die Bahn ein Bundesunternehmen. Im Unterschied zu Ihnen finde ich aber gut, was sie macht. Auch hat Grube als Bahnchef viele Altlasten von Mehdorn übernehmen müssen. In puncto Transparenz und Einbeziehung der Öffentlichkeit macht er es um einiges besser.
Mit freundlichen Grüßen
Ute Vogt MdB