Frage an Ute Vogt von Dieter M. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Vogt,
vielen Dank für Ihre ausfühliche Antwort zum Thema Stuttgart 21. Leider habe ich noch drei Fragen:
Die SPD verhindert eine Bürgerbefragung in Stuttgart. Aber: Ist nicht das Volk der Souverän in einer Demokratie (siehe Ihre Anmerkung am "Mein Credo lautete stets, Möglichkeiten abzuwägen und eine Entscheidung zu treffen, mit der die meisten leben können.")? Müßte dann nicht nach dem Willen der Mehrheit gefragt weden?
"Den größten Anteil der Kosten übernimmt die Bahn". Woher nimmt die Bahn die Milliarden? Vermutlich von den Kunden. Das bedeutet höhere Preise oder?
Stuttgart besitzt einen einzigartigen und nicht ersetzbaren Naturschatz: seine Heilwasservorkommen. Durch Eingriff in die schützenden geologischen Deckschichten werden diese Quellen gefährdet. Die Fundamente des Tunnelbahnhofs, aber auch die der geplanten Hochhäuser greifen in diese sensiblen Schichten ein. Das Projekt „Stuttgart 21“ stellt somit einen unverantwortlichen Eingriff in das Heilwasservorkommen der Stadt dar. Aber auch um das Klima in der Stadt sorgen sich die Stuttgarter Bürger. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, daß die ca. 100 Hektar große Gleisfläche der Bahn eine wichtige klimatische Ausgleichsfunktion für die Stadt erfüllt. Die Bahngleisbereiche führen der angrenzenden Innenstadt frische Luft zu. Wenn die großen Flächen der heutigen Bahnanlagen massiv bebaut werden, geht die wertvolle Klimafunktion des jetzigen Bahnareals verloren: Überdies wird der Luftaustausch durch die 60 Meter hohen Hochhäuser behindert. Die Folge ist, daß mit „Stuttgart 21“ die Wärme in der Stadt, besonders im Sommer, weiter ansteigen wird und sich die Luftqualität im Stuttgarter Talkessel noch einmal verschlechtern wird. Wie könnten Sie damit als Vertreterin der Stuttgarter Bürger leben?
Vielen Dank für Ihre Antworten
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
zu Ihrer Nachfrage zum Stichwort "Bürgerbefragung": Die SPD hat sich, wie inzwischen vom Gericht bestätigt, nur an das geltende Recht gehalten. Dort, wo Bürgerentscheid noch möglich ist, haben wir die Initiative ergriffen und einen Antrag im Gemeinderat eingebracht, den auch CDU, Grüne und andere unterstützt haben. Sollte Ende des Jahres der Kostenrahmen für die Stadt die Planungen übersteigen, dann sollen Bürgerinnen und Bürger entscheiden. Dies ist aus meiner Sicht der einzig seriöse Weg, denn die geschlossenen Verträge erlauben gar keine andere Variante. Parteien, die in der Kommunalwahl etwas anderes suggeriert haben, waren an dieser Stelle nicht ganz ehrlich, um es freundlich zu formulieren.
>> "Den größten Anteil der Kosten übernimmt die Bahn". Woher nimmt die Bahn die Milliarden? Vermutlich von den Kunden. Das bedeutet höhere Preise oder? <<
Die Bahn hat dieses Geld bereitgestellt. Wenn es nicht in Stuttgart verbaut wird, dann an einem anderen Bahnprojekt. Die Preise werden jedenfalls nicht gesenkt, wenn wir verzichten würden. Es würde nur ein anderer Bahnhof und eine andere Stadt profitieren.
Stichwort "Heilwasservorkommen":
Die geologischen Gutachten sehen keine Gefahr für die Quellen. Auch beim S-Bahn Bau wurden jede Menge unterirdische Bauvorhaben und Streckenführungen verwirklicht. Wir würden heute in Stuttgart noch stärker vom Verkehr belastet sein, wenn unsere Vorfahren sich nicht für diese sinnvolle Bauweise entschieden hätten. Im übrigen sehe ich eine große Chance darin, dass eine Stadt 100 Hektar Fläche zurückbekommt. Die Trennung der Stadt durch die Schiene kann überwunden werden und viele Verkehrswege werden kürzer, und manches kann zu Fuß und per Fahrrad erreicht werden, was heute durch die Schiene oft große Umwege erfordert. Es kommt allerdings tatsächlich sehr darauf an, wie wir diese neu gewonnene Fläche nutzen. Aus meiner Sicht verhindert die andauernde pro-kontra Debatte, dass wir uns dieser Debatte um die Gestaltung intensiv widmen. Denn wir brauchen Grünflächen, die dort zusätzlich dazu kommen ebenso wie Fläche für Wohnungen und Nahversorgung; aber keine großen Einkaufszentren oder andere Prestige-Projekte.
Herzliche Grüße,
Ute Vogt