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Ute Koczy
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Michel K. •

Frage an Ute Koczy von Michel K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Koczy,

ich wende mich an Sie, da hier in Bonn leider kein eigener Abgeordneter
der Grünen in den Bundestag gewählt worden ist. Mich interessiert die
"grüne" Meinung zum Thema "Websperren gegen Kinderpornografie". Was
halten
Sie von dem Vertrag, der zwischen dem BKA und fünf großen
Zugangsprovidern abgeschlossen worden ist bzw. von dem Gesetzentwurf von
Ministerin von der Leyen zu dem Thema?

Ich möchte Sie bitten, insbesondere auf folgende offene Kritikpunkte einzugehen:
- Es gibt keine Kontrolle der Liste, die das BKA erstellt, etwa durch Richter.
- Der vom Familienministerium dargestellte Zuwachs von Bilder und Videos mit Kinderpornografie um 111% beruht auf einem Interpretationsfehler, da nicht die Zahl der Urteile, sondern die Zahl der Ermittlungsverfahren gezählt wurde.
- Die Aussage, dass der finanzielle Geldfluss der sogenannten "Kinderpornografieindustrie" durch die Sperren nachhaltig beeinflusst werden kann, wird von Experten angezweifelt.
- Die technische Umsetzung der Websperren ist entweder leicht zu umgehen, technisch unzumutbar aufwendig oder betrifft fast automatisch zahlreiche harmlose Webseiten auch, je nach Art der Sperre.
- Viele der bisher auf den Sperrlisten anderer Länder aufgetauchte Webseiten enthalten eindeutig oder wahrscheinlich nicht kinderpornografische Inhalte.
Diese und weitere Kritikpunkte sind auch nachzulesen in einem Artikel der Fachzeitschrift c´t des Heise-Verlags:
http://www.heise.de/ct/Die-Argumente-fuer-Kinderporno-Sperren-laufen-ins-Leere--/artikel/135867

Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,

Michel Kangro

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kangro,

ich danke Ihnen für die Frage. Für mich ist sexueller Missbrauch und die sexualisierte Gewalt und Ausbeutung von Kindern strikt zu verhindern.. Seit Jahren kämpfen wir dafür, dass sich in Deutschland endlich etwas wirksam verändert und Kinderpornographie im Internet strafrechtlich verfolgt wird.

Dem vom Bundeskabinett in der vergangenen Woche verabschiedeten Gesetzentwurf: „Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen“ stehe ich allerdings durchaus kritisch gegenüber. Dieser macht zumindest den zwischen Ministerin von der Leyen und einzelnen Internetprovidern geschlossenen Vertrag überflüssig. (Die im Vertrag vereinbarten Internetsperren hätten von den Tätern leicht umgangen werden können und waren in der geplanten Form rechtlich bedenklich.) Die Wirksamkeit dieser Einzelmaßnahme war somit mehr als zweifelhaft. Durch den Druck auf die einzelnen Provider hätte diese Regelung zudem die Branche entzweit und die Nicht-Unterzeichner, die auf mehr Rechtssicherheit und -staatlichkeit gepocht haben, als schwarze Schafe in die Ecke gestellt.

Mit dem aktuellen Gesetzentwurf kommt die Bundesregierung nun zwar unserer Forderung nach, das Parlament in das Verfahren mit einzubinden. Anstatt aber endlich konsequent und tatsächlich wirkungsvoll gegen Kinderpornografie vorzugehen, wird lediglich ein Signal des politischen Willens gezeigt. Die Legitimation zur Sperrung von Internetseiten, welche über eine Änderung des Telemediengesetzes erfolgen soll, halte ich rechtlich für umstritten. Eine Ausstattung des Bundeskriminalamts mit weiteren Kompetenzen, die über die eigentlichen Aufgaben als Zentralstelle hinausgehen, lehne ich ab, weil damit etwas anderes bezweckt wird, was nicht in erster Linie der Bekämpfung von Kinderpornographie dient. Hier haben wir Grünen andere Vorschläge gemacht, die leider nicht durchgedrungen sind.

Zu einer wirklichen Bekämpfung des Problems Kinderpornografie gehört meiner Ansicht nach die Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung in internationaler Zusammenarbeit. Dafür bedarf es natürlich einer besseren personellen und organisatorischen Ausstattung der zuständigen Behörden sowie der Bereitschaft zu international verbindlichen Vereinbarungen. Außerdem sind Aufklärung in der Sozialarbeit, in Bildungseinrichtungen und in der Familienbetreuung sowie zusätzliche Betreuungsangebote für Betroffene notwendig.

Mit freundlichen Grüßen

Ute Koczy MdB