Frage an Ute Koczy von Franz J. G. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Kozcy,
mit Entsetzen lese ich jetzt 3 für mich sehr wichtige Entscheidungen stehen an bzw. wurden getroffen, meine Frage an Sie
1) Finden Sie die Erhöhung der Diäten in diesen Zeiten als notwendig an und werden Sie und Ihre Fraktion für die Erhöhung stimmen?
2) Die Renten im Westen sollen um sagenhafte 0,25% erhöht werden. Finden Sie dies im Vergleich zur Erhöhung der Diäten als gerecht und wie werden Siie und die Fraktion stimmen?
3) Empfinden Sie die unterschiedliche Berechnung von Kindererziehungszeiten als gerecht und wie haben Sie sich in dieser Angelegenheit verhalten?
Über Ihre Antwort freue ich mich.
Mit freundlichem Gruß
Franz J. Girmes
Sehr geehrter Herr Girmes,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Zunächst zu Ihrer ersten Frage. Ich halte eine Erhöhung der Einkommen/Diäten von Abgeordneten in diesen Zeiten nicht für nicht angemessen und hätte diese Frage gerne anders gelöst.
Ich möchte Ihnen jedoch Argumente für die Erhöhung der Diäten für Mitglieder des Bundestages (MdBs) darlegen. Es gibt seit vielen Jahren immer wieder Kritik an der Erhöhung der Diäten. Deshalb wurde eine Kommission eingerichtet, um die Vergleichbarkeit der Leistungen von Abgeordneten (MdBs) in der Gehälterhierarchie der Bundesrepublik zu gewährleisten. Diese unabhängige Kommission bewertete die Arbeit der MdBs und machte Vorschläge, denen der Bundestag in seiner Mehrheit jetzt folgt.
Zum einen werden Sie vielleicht wissen, dass MdBs weder Weihnachts-, noch Urlaubsgeld, noch ein 13.Gehalt beziehen und dass selbstverständlich Steuern gezahlt werden müssen - hier ist der Spitzensteuersatz zu entrichten.
Desweiteren geht es um die Vergleichbarkeit der Arbeit. Einzuschätzen ist die Arbeit analog zu den Bezügen eines unteren Richters bei einem oberen Gerichtshof des Bundes. Diese Berufsgruppe erfährt über das Beamtenrecht regelmäßig Erhöhungen - und deshalb wurden diese Erhöhungen analog angesetzt, damit auch die MdBs an solchen Steigerungen teilnehmen können. Dass MdBs leicht 70 bis 80 Arbeitsstunden pro Woche erreichen, ist vielleicht weniger bekannt. MdBs sind verantwortlich für Etats in Milliardenhöhe, so beträgt z.B. das jährliche Budget der Bundesrepublik über 300 Mrd. Euro (die Schulden von 2 Billionen Euro nicht mitgerechnet)...
Die Gehälter der Abgeordneten stehen immer schnell im Mittelpunkt des Interesses bzw. der Kritik - da möchte ich doch auch noch auf andere Berufsgruppen verweisen, die sehr viel mehr Geld verdienen wie z.B. das Einkommen des Sparkassendirektors wie bei mir in meiner Heimatstadt Lemgo, welches sogar höher als das der Kanzlerin ist.
Nun stehen Abgeordnete im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Da gilt schon eine erhöhte Sensibilität und natürlich muss eine solche Erhöhung zu Diskussionen führen.
Nun zu Ihrer zweiten Frage. Die Renten werden mit einer gesetzlich geregelten Formel errechnet, die verschiedene Faktoren einbezieht. Zum einen sollen die Renten in Ost- und West-Deutschland angeglichen werden, zum anderen gibt es eine Beitragskomponente, die ans Lohnniveau gebunden ist, und nachzuholende Rentenkürzungen für west-deutsche Renten. Aufgrund dieser Faktoren fällt der Unterschied zwischen den Rentenerhöhungen in Ost- und West-Deutschland für 2013 so groß aus. Wir Grünen sind allerdings der Meinung, dass die Renten in Ost- und Westdeutschland endlich gleich berechnet werden sollten.
Mit Ihrer Frage zielen Sie aber auch auf die große Frage der Sicherung der Renten. Wir Grünen wissen, dass es hier große Probleme gibt und dass die Renten für viel zu viele Menschen zu gering ausfallen und dass die Rente eben nicht sicher ist. Da eine Rentenanpassung grundsätzlich entsprechend der Lohnentwicklung erfolgt, führen die Maßnahmen meiner Fraktion für eine faire Arbeitsmarktpolitik und faire Löhne im Übrigen auch zu höheren Renten. Deswegen ist für Grüne auch die Einführung des Mindestlohns so wichtig. Außerdem schlagen wir eine sogenannte "Garantierente" vor. Sie soll vor Altersarmut schützen und insbesondere auch Frauen zu Gute kommen. Als Grundlage braucht es aber eine nachhaltige und solidarische Finanzierung! Dafür haben wir unser Konzept der grünen, steuerfinanzierten Garantierente vorgelegt, damit in unser Rentensystem mehr Gerechtigkeit einzieht. Und dafür trete ich auch ein.
Zuletzt möchte ich Ihre dritte Frage beantworten. Grundsätzlich unterstütze ich die Ausweitung der Kindererziehungszeiten in der Rente für Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden. Eltern - in der Regel Mütter - von Kindern, die seit 1992 geboren wurden, erhalten bislang drei Jahre Kindererziehungszeiten in der Rente. Für Kinder, die davor geboren wurden, wird nur ein Jahr gewährt. Eine Gleichbehandlung wäre richtig, denn die Erziehungsleistung von allen Eltern ist gleich wichtig und gleich viel wert. Auch dafür haben wir Grünen in unserem Wahlprogramm Ideen entwickelt und machen konkrete Vorschläge, die letztlich darauf hinauslaufen, dass tatsächlich mehr Gerechtigkeit bei der Bewertung von Kindererziehungszeiten einziehen kann.
Die Bundesregierung und die Bundesministerin von der Leyen haben vier Jahre lang viel versprochen und nichts gehalten. Im Wahlkampf werden jetzt Forderungen, wie die nach den Erziehungsrenten oder der Lebensleistungsrente ausgegraben, die schon im letzten Wahlkampf gefordert wurden und auch im Koalitionsvertrag standen. Geschehen ist jedoch nichts. Die Bundesregierung hat rentenpolitisch vier verlorene Jahre zu verantworten.
Den Vorschlag der Unionsfraktionen die Kindererziehungszeiten aus der Rentenkasse zu finanzieren, ist völlig fehl geleitet. Nicht alle Gruppen, die von der Verbesserung der Kindererziehungszeiten profitieren würden, haben auch langjährig in die Rentenversicherung eingezahlt. Deswegen lehnen dies meine Fraktion und ich ab.
Eine sichere und gerechte Altersversorgung für alle Menschen ist für uns Grüne ein zentrales Element. Auch deshalb hat für uns die Garantierente eine sehr hohe Priorität.
Mit freundlichen Grüßen,
Ute Koczy