Frage an Ute Berg von Guenter K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Berg,
gerade lese ich, dass Sie sich "eine staatliche Bürgschaft für Schaeffler/Conti vorstellen" koennen.Gleichzeitig haelt Herr Beck Staatshilfen fuer Opel fuer denkbar.
Ich frage mich, ob Sie sich vorstellen koennen, wer das bezahlen soll. Beide Beispiele sind wahrscheinlich durch die Finanzkrise nur zusaetzlich betroffen, haben aber wesentlich selbst geschaffene Probleme. Wie kann es sein, dass Millionen dafuer zahlen muessen, was wenige eingebrockt haben? Dass unter Umstaenden einige Arbeitsplaetze voruebergehend (bis nach der Bundestagswahl?) gerettet werden, ist ja schoen, es gibt aber sicher billigere Wege, den Betroffenen zu helfen (wenn es denn darum ginge). Andererseits ist Ihnen doch sicher auch klar, was eine Unterstuetzung dieser Firmen bedeutet : jetzt wil dann jedes Unternehmen Hilfe haben und das koennen wir nicht bezahlen. Und was bleibt dafuer auf der Strecke? Klar, Hartz IV und die Renten! Ich bin sehr enttaeuscht und frustriert darueber, dass ausgerechnet die SPD sich so an der Geldverbrennung beteiligt und ihrer ureigene Klientel schadet! In der Hoffnung, dass das alles nur ein grobes Misverstaendnis meinerseits sei,
mit freundlichen Gruessen
Guenter Krannich
Sehr geehrter Herr Krannich,
Staatshilfen an Unternehmen werden entweder in Form von Krediten oder Bürgschaften gegeben. Kredite müssen zurückgezahlt werden, Bürgschaften werden genauso verzinst wie Kredite. Wenn der Staat sich an Unternehmen beteiligt, er also Teile eines Unternehmens kauft, dann fließen ihm als Miteigentümer auch Gewinnanteile zu, wenn das Unternehmen Gewinne macht.
Natürlich bleibt immer das Risiko, dass verliehene Gelder nicht zurückgezahlt werden können. Allerdings müssen die Unternehmen, die eine Unterstützung erhalten, eine Reihe von strengen Kriterien erfüllen müssen. Sie müssen gesund und zukunftsfähig sein und unverschuldet in Bedrängnis geraten sein (z.B. weil sie durch die Finanzmarktkrise plötzlich keine Kredite mehr bekommen und die notwendigen Investitionen/Einkäufe nicht mehr finanzieren können). Staatshilfen sind nicht dazu da, Managementfehler auszugleichen.
Ein Aspekt, der für uns bei den Hilfen für Unternehmen aber auch wesentlich ist, ist der Erhalt der Arbeitsplätze, die dort vorhanden sind. Es hängt nicht nur an jedem Arbeitsplatz ein persönliches Schicksal – es ist auch teuer, Massenarbeitslosigkeit zu finanzieren. Nehmen wir das Beispiel Opel, das Sie ansprechen. Die Kosten eines Untergangs von Opel wären immens: Weit über 100.000 Menschen müssten im Fall der Pleite allein in Deutschland um ihren Arbeitsplatz fürchten: in den Opel-Werken, bei den Opel-Händlern und bei den Zuliefererbetrieben. Die Kosten für Arbeitslosengeld und die Einnahmeausfälle in den Sozialversicherungen würden sich im ersten Jahr auf schätzungsweise 2,5 Mrd. Euro belaufen.
Hinzu kamen die bestehenden Pensionsverpflichtungen von Opel in Milliardenhöhe, die vom Pensionsversicherungsverein übernommen werden müssten.
Kaum beziffern lässt sich der Verlust an industrieller Kompetenz und technologischem Know How für den Automobilstandort Deutschland.
Es war also besser, nach Rettungsmöglichkeiten für Opel zu suchen und dabei auch staatliche Hilfen in Betracht zu ziehen. Wir hoffen nun, dass das neue Opel-Unternehmen mit dem Investor Magna ein belastbares Unternehmenskonzept ausarbeitet, das für die Zukunft trägt.
Das Beispiel Opel zeigt auch, dass Entscheidungen nicht leichtfertig übers Knie gebrochen werden, sondern in allen Richtungen nach Lösungswegen gesucht wird und die Alternativen intensiv geprüft und beraten werden.
Ich kann verstehen, dass Sie sich mit Blick auf die Ausmaße der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise Sorgen machen, „wer das bezahlen soll“. Fakt ist, dass wir für die Maßnahmen zur Konjunkturbelebung, z.B. für das kommunale Investitionsprogramm oder die Umweltprämie, viel Geld in die Hand nehmen.
Dabei haben wir natürlich immer im Blick, dass die Staatsverschuldung nicht über das absolut notwendige Maß hinauswachsen darf. Und wir haben Modalitäten entwickelt, wie und wann wir die Verschuldung zurückführen. Das sind wir den kommenden Generationen schuldig.
Mit freundlichen Grüßen
Ute Berg