Frage an Ute Berg von Michael K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Berg,
am vergangenen Mittwoch wurde in den Medien über den Beschluss des Kabinetts zur Kfz-Steuerreform berichtet.
Dabei ist mir erneut bewusst geworden, wie wenig familienfreundlich unser Land ist.
Ich fahre einen VW-Bus (T4 Multivan TDI), den ich im Jahr 2003 erworben habe. Das Auto wurde nicht aus emotionalen Gründen, sondern rein zweckgerichtet angeschafft. So erlaubt es mehr als zwei normale Kindersitze zu montieren und hat einen relativ geringen Verbrauch. Weiter wurde seinerzeit die Meinung vertreten, Diesel seien ökologisch sinnvoller.
Im laufe der letzten Jahre wurde die Kfz-Steuer regelmässig erhöht, mittlerweile zahle ich 431,- EUR/Jahr. Das Fahrzeug hat einen CO2-Ausstoss von ca. 210 g/km (je nach Quelle). Wenn ich nun lese, dass z.B. der Besitzer eines Mercedes S 500 371 EUR/ Jahr (bei 294 g/km CO2), oder der Besitzer eines Porsche 911 Carrera S 256 EUR/Jahr (bei 250 g/km CO2) bezahlen muss, geht mir, gelinde gesagt, die Hutschnur hoch.
Auf der einen Seite ein Auto, in dem 7-9 Personen fahren können, bei einem Verbrauch von ca. 8 Litern Diesel und einem CO2 Ausstoss von < 220g/km, und auf der anderen Seite ein reines Spassauto für 2 Personen mit weitaus höherem Verbrauch und einem CO2 Ausstoss von 250 g/km, für welches aber 175 EUR weniger Steuern zu entrichten sind. Mir geht es nicht darum eine Neiddebatte zu entfachen (jeder sollte fahren, was ihm beliebt), aber die Verhältnismässigkeit sollte gewahrt werden.
Ich wüsste gerne, was unsere Bundesregierung, somit auch Sie, bewegt, ebensolche Anachronismen zu fördern. Warum schaffen Sie nicht die Kfz-Steuer ab und schlagen sie auf die Kraft- stoffpreise auf. Auf diese Weise hätten wir automatisch eine verbrauchs- und/oder schadstofforientierte Steuer, die unmittelbar dafür sorgen würde, dass weniger Energie verwendet würde und weniger Schadstoffe in die Luft gelangen.
Ist es letztendlich wieder einmal die Automobil-Lobby die es verhindert vernünftige Wege zu gehen?
MfG
M.Kulinna
Sehr geehrter Herr Kulinna,
die Änderung der Kfz-Steuer im Rahmen der Konjunkturprogramme soll einerseits den Absatz der deutschen Automobilindustrie ankurbeln und gleichzeitig Kaufanreize für klimafreundliche Fahrzeuge schaffen. Damit diese Anreize möglichst schnell ihre Wirkung entfalten können, soll die neue kombinierte Kfz-Steuer zum 1. Juli 2009 in Kraft treten. Grundsätzlich gilt: Eine sinnvolle Reform der Kfz-Steuer muss sparsame Fahrzeuge billiger machen, die Spritschlucker aber nicht.
Die geplante neue Kfz-Steuer richtet sich sowohl nach dem Kohlendioxid-Ausstoß als auch nach dem Hubraum des Autos. Die Verkehrspolitiker der SPD-Fraktion hatten mit der Union heftig darüber gestritten, wie hoch die Steuer für die von Ihnen genannten „Spassautos“ mit hohem Verbrauch sein soll. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hatte zunächst gefordert, die Besteuerung des Hubraums bei PS-starken Diesel-Fahrzeugen auf maximal 300 Euro zu begrenzen. SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel hat das abgelehnt, weil das eine klimapolitisch falsche Begünstigung großer Spritschlucker gewesen wäre. Deshalb ist die Deckelung auch nicht mehr Inhalt des Kabinettsbeschlusses. Die Mehreinnahmen, die durch die komplette Besteuerung großer Autos anfallen, sollen zur Senkung der Steuersätze insgesamt verwendet werden.
Autos, die weniger als 120g CO2/km ausstoßen, sollen nach dem bisherigen Entwurf in den Jahren 2010 und 2011 steuerfrei bleiben. Um Ihr Beispiel aufzugreifen: Die KfZ-Steuer für einen Porsche 911 Carrera mit einem CO2-Ausstoß von 242g stiege mit der neuen Regelung von 249 Euro jährlich auf 318 Euro.
Allerdings gilt die neue KfZ-Steuer erstmal nur für Autos, die ab 1. Juli 2009 zugelassen werden. Ältere Fahrzeuge – also auch Ihres – sollen zunächst wie bisher besteuert werden. Ab 2013 ist ein Übergang in den neuen Tarif vorgesehen.
Bei Ihrem VW-Bus handelt es sich vermutlich um ein Diesel-Fahrzeug ohne Partikelfilter. Da diese Fahrzeuge relativ viele umweltbelastende Abgase emittieren, gilt für sie seit 2007 ein extra Steuersatz von 1,20 Euro je angefangene 100 Kubikzentimeter Hubraum. Dieser Steuer-Malus findet Anwendung bis zum 31. März 2011, also auch beim neuen Kfz-Steuermodell – unabhängig davon ob Spaß- oder Nutzauto. Hat das Fahrzeug einen Filter, fällt diese Abgabe weg.
Eine komplette Abschaffung der Kfz-Steuer bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Mineralölsteuer würde die Vielfahrer auch von Fahrzeugen mit wenig CO2-Ausstoss gegenüber Wenigfahrern mit emissionsstarken Autos benachteiligen. Dabei bliebe die Abgasqualität weitgehend unberücksichtigt. Auch könnten sehr sparsame und emissionsarme Fahrzeuge nicht steuerfrei gestellt werden. Die Verlagerung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer wird darüber hinaus den ohnehin schon regen Tanktourismus an den Grenzen deutlich verstärken und eine Umgehung der „Autosteuer“ somit forcieren.
Mit freundlichen Grüßen
Ute Berg