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Frage von Heinz S. •

Frage an Ute Berg von Heinz S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Berg,
in Ihrer Antwort auf die Frage von Frau Schmidt haben Sie gesagt, "dass wir in naher Zukunft Existenz sichernde Löhne durchsetzen können."

Meine Fragen dazu:
1. Was verstehen Sie unter "Existenz sichernde Löhne"?
2. Was verstehen Sie unter "Existenz sicherndes Einkommen"?
3. Was verstehen Sie unter "Armmutslöhnen"?
4. Bei welcher Netto-Lohnhöhe (monatlich) fangen für Sie "Existenz sichernde Löhne" bzw. "Existenz sicherndes Einkommen" an?
5. Welchen Zeitraum betrachten Sie unter den von Ihnen gebrauchten Begriff vom 27.04.2007 "in naher Zukunft " als angemessen, wenn Sie die Möglichkeit vom 14.07.2007 einem gesetzlichen Mindestlohn nicht Ihre Stimme gaben? (Ich erinnere an den Vorgang zum Problem "Florida-Rolf", wo innerhalb weniger Wochen die Sozialgesetzgebung für Bedürftige verschärft wurde)
6. Sie sprechen in Ihrer Antwort vom 14.06.2007 davon, "...dass wir durch den Koalitionsvertrag zu einem einheitlichen Abstimmungsverhalten mit dem derzeitigen Bündnispartner CDU/ CSU verpflichtet sind". Können Sie sich noch daran erinnern und mir genau sagen, wessen Interessen Sie im Bundestag vertreten und wer Sie in den Bundestag gewählt hat?
7. Zum Thema passt auch folgende Frage:
Wie sehen sie das Thema Zeitarbeit? Unterstützen sie eine zeitliche Begrenzung der Verleihung in die Betriebe?

Mit freundlichen Grüßen

H.Schroeder

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schroeder,

unter Existenz sichernden Löhnen (Der Begriff Einkommen ist hier sicher unklar.) verstehe ich Löhne, mit denen man menschenwürdig leben kann, ohne auf aufstockende Transferleistungen des Staates angewiesen zu sein. Für mich ist klar: Menschen, die Vollzeit arbeiten, müssen schlicht mehr Geld bekommen als die, die nicht arbeiten. Armutslöhne, wie etwa der (tariflich vereinbarte!) Stundenlohn für Friseurinnen und Friseure in Sachsen in Höhe von 3,06 Euro sind nicht hinnehmbar. Eine genauere Definition von Armut in Deutschland füge ich am Schluss an.

Wie in meiner Antwort vom 26. Juni bereits dargestellt, hat die große Koalition mit der Ausweitung des Entsendegesetzes Bedingungen dafür geschaffen, dass Branchen, die eine bundesweit einheitliche Tarifstruktur aufweisen, gesetzlich verbindliche Mindestlöhne festlegen können. Für die Beschäftigten der Briefdienstbranche wird dies Gottseidank wohl bald der Fall sein. Die Gewerkschaft Ver.di und der Arbeitgeberverband AGV Postdienste haben sich vor wenigen Tagen auf einen Mindestlohn für diese Beschäftigten geeinigt. Wir werden jetzt zügig die nächsten Schritte einleiten, damit der Mindestlohn ab 1. Januar 2008 für alle Beschäftigten der Postdienstleistungen gilt. Und auf diesem Weg werden wir weiter gehen, bis wir unser Ziel eines gesetzlichen Mindestlohns überall erreicht haben.

Zu Ihren kritischen Anmerkungen zum Abstimmungsverhalten innerhalb der Koalition kann ich nur sagen: Wenn die SPD die absolute Mehrheit bei der letzten Bundestagswahl bekommen hätte, würden sicherlich andere Politikentwürfe umgesetzt. Da das aber leider nicht der Fall war, müssen wir uns an demokratische Gepflogenheiten halten und versuchen, soviel wie möglich von sozialdemokratischen Vorstellungen umzusetzen.

Schließlich zu Ihrer Frage nach der Leiharbeit. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich im März dieses Jahres nach eingehender Beschäftigung mit diesem Thema folgendermaßen positioniert (Beschluss der Fraktion vom 20. März 2007): „Die Überlassung der Leiharbeitnehmer sollte nicht unbefristet sein und im wesentlichen Auftragsspitzen abdecken. Die Leiharbeit soll als Brücke in ein reguläres Arbeitsverhältnis führen und keine Umgehung des Normalarbeitsverhältnisses sein.“

Mit freundlichen Grüßen

Ute Berg

P.S.: Definition von Armut:
1. Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2005 orientiert sich an der zwischen den EU-Mitgliedstaaten vereinbarten Definition einer "Armutsrisikoquote". Demnach ist der von Armut bedroht, dessen Nettoeinkommen weniger als 60 Prozent des nationalen Haushaltsnettoeinkommens beträgt. Personen, die unterhalb dieser Grenze liegen, sind jedoch nicht zwangsläufig arm, sondern befinden sich in einem Einkommensbereich, in dem sie bei einem Zusammenkommen mehrerer ungünstiger und sich ggf. verstärkender Faktoren einem erhöhten Armutsrisiko ausgesetzt sind. Die Armutsrisikogrenze liegt in Deutschland laut Armuts-Reichtumsbericht bei 938 Euro netto. Im EU-Vergleich hat Deutschland (11%) nach Dänemark (10%) und Schweden (9%) die niedrigste Armutsrisikoquote. Der EU-Durchschnitt lag 2001 bei 15%.

2. Die zweite Definition von Armut, die u.a. von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung herangezogen wird, definiert denjenigen als arm, der mit weniger als 50 Prozent des nationalen Bruttodurchschnittseinkommens auskommen muss. In Deutschland sind dies etwa 1.450 €.