Frage an Ute Berg von stefanie s. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Schmidt,

vielen Dank für Ihre Mail. Sie äußern darin sehr viel Kritik an „den Politikern“. Ich hoffe mit meiner Antwort dazu beitragen zu können, dass einige Vorurteile abgebaut werden.

Zu Ihren Anmerkungen:

• Warum müssen Politiker pendeln?

Als Bundestagsabgeordnete aus dem Kreis Paderborn vertrete ich sehr stark die Interessen der Bevölkerung meines Wahlkreises. Mir ist daher der enge Kontakt zu den Menschen hier sehr wichtig. Ich lade daher in regelmäßigen Abständen in meine Bürgersprechstunde ein und besuche Vereine, Unternehmen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen, Handwerksbetriebe etc., um mir einen Überblick zu verschaffen, wo „der Schuh drückt“, wo also Handlungsbedarf für Politiker besteht. Mein Hauptwohnsitz ist daher auch Paderborn. Da ich aber als Bundestagsabgeordnete gewählt wurde, muss ich auch an vielen Wochen im Jahr in Berlin sein, wo der Bundestag tagt. Dort werden Gesetzesvorhaben vorbereitet, über die ich mit meinen Kollegen debattiere, die wir kritisch begleiten und in die wir auch Veränderungswünsche, die wir vor Ort im Wahlkreis erfahren haben, mit einbringen. Daher habe ich auch eine kleine Zweitwohnung in Berlin. Bundestagsabgeordnete bekommen übrigens für Sitzungen des Bundestages kein Extra-Geld, wie Sie behaupten. Im Gegenteil: Sie bekommen Geld von ihrem Gehalt abgezogen, wenn sie an bestimmten Sitzungen nicht teilnehmen.

• Warum dürfen Politiker mehrere Arbeitsstellen haben?

Politiker werden für 4 Jahre gewählt. Danach müssen sie wieder in ihrem früheren (oder einem anderen) Beruf tätig sein, wenn sie nicht mehr gewählt werden. Daher macht es unter Umständen Sinn, wenn sie den Kontakt zu ihrem alten Beruf nicht abbrechen, damit sie dort – z.B. im Falle einer Wahlniederlage – wieder einsteigen können. Ich bin allerdings ganz entschieden der Auffassung, dass man sein Abgeordnetenmandat nicht „nebenbei“ ausfüllen kann, wenn man verantwortlich mit dem Wählerauftrag umgehen will. Ich selbst habe in der Regel eine 70 Stunden-Woche und könnte definitiv nicht noch einen anderen Beruf zusätzlich ausüben. Um Transparenz bei den Nebentätigkeiten zu schaffen, haben sich die Abgeordneten dazu verpflichtet, alle Nebentätigkeiten dem Bundestagspräsidenten bekannt zu geben. Dies gilt auch für die Mitgliedschaft in einem Vorstand, Aufsichtsrat, Verband etc. Ich selbst trete dafür ein, dass diese Angaben auch veröffentlicht werden und habe meine persönlichen Angaben auf meiner Homepage angezeigt.

Sie als Wählerin können im Übrigen mit ihrer Wahlentscheidung auch dazu beitragen, dass die Politiker nicht wieder gewählt werden, die noch andere Jobs „nebenbei“ haben.

• Warum bekommen Politiker von jeder Arbeitsstelle, die sie haben, getrennte Renten? Als Bundestagsabgeordnete bekomme ich keinesfalls doppelte Rentenzahlungen. Ansprüche auf die sogenannte Altersentschädigung, die ich als Abgeordnete erwerbe, werden mit den Ansprüchen, die ich aus meiner vorherigen Berufstätigkeit erworben habe, verrechnet.

Dass Sie als Alleinerziehende mit einem geringen Einkommen viele Sorgen und Nöte haben, weiß ich durchaus. Und daher unterstütze ich zum Beispiel die Einführung eines Rechtsanspruches auf Kinderbetreuung ab dem vollendeten ersten Lebensjahr und trete ein für Existenz sichernde Löhne, um nur zwei Beispiele zu nennen, die Sie interessieren dürften.

Ihnen und Ihren Kindern alles Gute für die Zukunft!

Mit freundlichen Grüßen,

Ute Berg