Frage an Ute Berg von Brigitta A. bezüglich Bildung und Erziehung
Hallo Frau Berg,
es wird so viel von Qualifizierung und Schaffung einer Elite geredet.
Mein Sohn besucht die Klasse 8 einer Realschule in Köln. Seit 2 Jahren führe ich eine Statisik über den Unterrichtsausfall der nicht ersetzt worden ist.
Im Fach Mathematik beträgt dieser Anteil 45%. Seit Beginn des neuen Schuljahres liegt der Anteil bereits bei 75%. Chronischerer Lehrermangel ist die Erklärung, eine Änderung ist nicht in Sicht.
Ab 2006/2007 sollen Schüler/innen nun zusätzlich an zentralen Abschlussprüfungen für den mittleren Schulabschluss teilnehmen. Was soll damit bezweckt werden??? Sollte man nicht zunächst dafür Sorge tragen, den Schülern ein reiches Fundament an Bildung und Wissen zu schaffen, bevor man dieses abfragt? Hier fehlt doch schon ein fundamentaler Grundstock zur Bildung einer Elite. Diese Tatsache wird zukünftig in Form einer zentralen Abschlussprüfung, und zwar amtlich mit Brief und Siegel, als Brandmarkung unseren Kindern mitgegeben werden. Eine zentrale Abschlussprüfung certifiziert ausschließlich die Versäumnisse unseres Bildungssystems und das Fehlen eines gesunden Fundamentes, dokumentiert auf dem Abschlusszeugnis unserer Kinder. Ich sehe das als eine weitere Minimierung der Chancen/-gleichheit auf dem weiteren Bildungsweg meines Sohnes. Wie sehen Sie das???
Sehr geehrte Frau Adamek,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die bei mir auf weitgehende Zustimmung stößt. Die von Ihnen beschriebenen Unterrichtsausfälle halte ich ebenfalls für nicht tolerabel.
Es stimmt sehr nachdenklich, wenn man sieht, wie die neue von Herrn Rüttgers geführte Landesregierung in Nordrhein-Westfalen ihre Wahlversprechen bricht. Mehr Lehrer sollten eingestellt werden, um den Unterrichtsausfall an den Schulen zu minimieren. Das Ergebnis überzeugt nicht. Ähnlich verhält es sich mit den Studiengebühren. Im Wahlkampf und im Koalitionsvertrag hat Schwarz-Gelb versprochen, keine Studiengebühren für BAföG-Empfänger zu erheben. Die Eckpunkte für die Erhebung von Studiengebühren in NRW, die das Rüttgers-Kabinett jetzt vorgestellt hat, sehen das Gegenteil vor. Die CDU bricht auch hier ihr Wahlversprechen und greift Bedürftigen in die Tasche.
Insgesamt läuft in der Diskussion um die sogenannte „Elitenbildung“ auf Unionsseite einiges falsch. Auf der einen Seite die Klage über fehlende Leistungseliten und auf der anderen Seite einseitige Maßnahmen, die zu Lasten der Breitenbildung gehen! Eine sozialdemokratische Bildungspolitik sieht anders aus. Soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit im Bildungssystem werden in der SPD nicht gegen „Elitenbildung“ ausgespielt. Ohne eine fundamentale und leistungsfähige Breitenbildung, da stimme ich Ihnen vollkommen zu, sind ein innovatives Bildungssystem und international herausragende Spitzenleistungen, die wir zweifellos auch brauchen, nicht denkbar.
Mit freundlichen Grüßen
Ute Berg