Wie stehen Sie zu einem Verbot der AfD?
Sehr geehrte Frau Röpcke, die AfD radikalisiert sich immer weiter und wird zur Gefahr für unsere Demokratie, einige AfD-Landesverbände wurden bereits als "gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Was tun Sie, um die Demokratie zu schützen? Setzen Sie sich für eine Prüfung eines Verbots ein?
Sehr geehrte Frau E.,
vielen Dank für Ihre Anfrage und die Schilderung Ihrer Sorgen, die ich ausdrücklich teile. In jedem Fall stimme ich Ihnen darin zu, dass es gilt, unsere Demokratie mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu schützen. Die Proteste und Demonstrationen der letzten Tage und Wochen in ganz Deutschland haben uns gezeigt, dass viele andere Menschen ebenfalls Ihre Sorgen teilen und bereit sind, dies öffentlich zu tun und dafür auf die Straße zu gehen.
Konkret zu Ihrer Frage nach einer Prüfung eines Parteienverbots in Bezug auf die AfD bin ich allerdings eher zurückhaltend.
Das Parteienverbot ist ein sehr mächtiges Instrument der wehrhaften Demokratie, das sehr bewusst genutzt werden sollte. Ohne Frage ist die AfD eine rechtsextreme Partei und es gibt zahlreiche Hinweise, die auch den Verfassungsschutz auf den Plan rufen, da sich die Bestrebungen der Partei sowie ihrer Politker*innen gegen die Demokratie oder die Würde des Menschen richten. Die Radikalisierung der AfD in den letzten Jahren mit dem immer einflussreicher werdenden völkisch-nationalistischen Flügel um Björn Höcke ist sehr gefährlich und zeigt, in welche Richtung es für die AfD auch zukünftig meiner Einschätzung nach gehen wird. Immer wieder wird bekannt, dass Mitarbeiter*innen der AfD bzw. von Abgeordneten oder AfD-Politiker*innen selbst in verschiedenen rechtsextremen Organisationen aktiv waren und dorthin weiterhin Kontakte gepflegt werden. Die kürzlichen Correctiv-Recherchen haben dies abermals enthüllt und deutlich gemacht. Deswegen ist es richtig darüber zu diskutieren, inwieweit die AfD an diesem Punkt so mächtig geworden ist, dass sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung so massiv bedroht - das hat auch Verfassungsschutzpräsident Haldenwang in jüngster Vergangenheit mehrfach sehr deutlich angesprochen.
Meiner Überzeugung nach würde jedoch ein Parteienverbot weder dafür sorgen, dass rechtsextremen Strukturen, die weit größer als die AfD, automatisch aufgelöst würden, noch würde es das Problem rassistischer, antisemitischer, menschen- oder demokratiefeindlicher Einstellungen innerhalb der Gesamtgesellschaft nachhaltig verhindern. Diese Überzeugung kann sich bei der Aufdeckung weiterer Fakten und Beweise selbstverständlich ändern. Parteiintern führen wir aktuell viele derartige Debatten und bewerten fortlaufend neu, wie unsere Einschätzungen dazu sind. Aktuell ist unsererseits jedoch keine diesbezügliche Bundesratsinitiative geplant, denn sie müsste erfolgversprechend sein. Dazu müsste es eine parteiübergreifende Einigkeit geben und eine eindeutig belastbare Faktenlage. Sie sehen: Ich habe eine gewisse Sympathie dafür (ebenso wie unser Ministerpräsident es kürzlich sagte), noch mehr Sympathie habe ich allerdings dafür, dass sich alle demokratischen Kräfte, nicht nur die parlamentarischen, sondern ganz besonders auch die Zivilgesellschaftlichen, zusammentun und deutlich äußern, dass wir unsere Demokratie gemeinsam schützen und bewahren wollen und müssen gegen rechte Kräfte und Bewegungen.
Ein weiteres Instrument, das auf Grundlage des jüngsten Verfassungsgerichtsurteil zur DVU diskutiert werden sollte, ist der Ausschluss der AfD von der staatlichen Parteienfinanzierung - gleiches gilt für die Finanzierung der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung. Parteien und Stiftungen, die sowohl in ihren Positionen als auch ihrer Praxis die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen und abschaffen wollen, sollten kein Geld vom Staat bekommen dürfen!
Gleichzeitig müssen wir uns mehr Gedanken darum machen, wie Demokratie vor Ort gefördert wird, damit rechtsextreme Gruppierungen keine sozialen wie geografischen Raumgewinne verbuchen können. Deswegen ist die Förderung zivilgesellschaftlicher Projekte so wichtig, die Demokratiebildung leisten, im Kampf gegen Rechts aktiv sind und Betroffenen rechter Vorfälle und Gewalt helfen. Und natürlich auch jede Art der Förderung des sozialen gesellschaftlichen Zusammenhalts. Dafür brauchen wir eine solide Sozialpolitik, die Chancengerechtigkeit schafft.
Möchten Sie sich gerne zu dem Thema mit mir persönlich noch weiter austauschen, lade ich Sie ganz herzlich zu meiner nächsten Bürger*innensprechstunde in mein Regionalbüro ein. Die Termine finden Sie hier:
Danke für Ihr Engagement!
Herzliche Grüße
Uta Röpcke