Frage an Ursula Groden-Kranich von Nathalie S. bezüglich Humanitäre Hilfe
Sehr geehrte Frau Groden-Kranich,
wieso haben sie gegen die Aufnahme von 5000 besonders schutzbedürftigter Geflüchteter aus den griechischen Lagern gestimmt? Ich möchte gerne ihre Perspektive und Beweggründe wissen um ihre Entscheidung zu verstehen.
Danke
Mit freundlichen Grüßen
Nathalie Schlesinger
Sehr geehrte Frau Schlesinger,
die neueste Entwicklung auf Lesbos machen in erster Linie deutlich, wie dringend eine gemeinsame europäische Antwort in der Migrationsfrage ist. Hilfe muss nun vorwiegend vor Ort geleistet werden. Die Europäische Kommission ist hier in der Pflicht, unverzüglich zu handeln und die Hilfsangebote der europäischen Mitgliedstaaten zu koordinieren. Alleingänge Deutschlands bei einer Übernahme von Migranten von der Insel Lesbos wären dagegen ein falsches Signal, weil dies den Eindruck erwecken könnten, Deutschland werde die Situation schon allein lösen. Die Chance auf ein gemeinsames europäisches Handeln würde dadurch eher behindert. Mittelfristig ist drüber hinaus entscheidend, dass Griechenland endlich das EU-Türkei-Abkommen operativ umsetzt und auf europäischer Ebene die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) vorangebracht wird. Dabei sind vier Kernpunkte entscheidend:
1. Die EU braucht einen gemeinsamen, wirksamen Außengrenzschutz.
2. Asylgesuche müssen durchweg bereits an der europäischen Außengrenze gestellt und geprüft werden. Bei Nichtschutzbedürftigen muss eine Zurückweisung bzw. Rückführung direkt von dort aus erfolgen.
3. Sekundärmigration muss innerhalb Europas mit wirksamen Maßnahmen unterbunden werden. Mitgliedstaaten, die einmal für Bewerber zuständig geworden sind, müssen hierfür dauerhaft zuständig bleiben. Anspruch auf Sozialleistungen darf es dann nur in diesen Staaten geben.
4. Jeder EU-Staat muss seiner Verantwortung gerecht werden und einen angemessenen Beitrag in Bezug auf die Verteilung bzw. Versorgung der Schutzbedürftigen leisten.
Sehr geehrte Frau Schlesinger, trotz der schlimmen Bedingungen in Moria steht fest, dass nur ca. 30 Prozent der dortigen Geflüchteten eine dauerhafte Bleibeperspektive in der EU haben. Es gehört zur Wahrheit dazu, dass 70 Prozent der Flüchtlinge zurückgeführt werden müssen. Um denjenigen schnell zu helfen, die unseren Schutz dringend benötigen, müssen wir auch über schnellere Rückführungen sprechen. Auch hier bedarf es dringend einer europäischen Lösung und keiner nationalen Alleingänge.
Ich bin allerdings davon überzeugt, dass die Kanzlerin nun einen praktikablen Vorschlag gemacht hat.
Herzliche Grüße
Ursula Groden-Kranich MdB