Frage an Ursula Groden-Kranich von Jonas H.
Sehr geehrte Frau Groden-Kranich,
wir, Schüler des Gymnasiums Holthausen, beschäftigen uns im Rahmen eines Projekts zur "Bürgerbeteiligung im digitalen Zeitalter" mit dem Portal abgeordnetenwatch.de. In diesem Zusammenhang interessiert uns, wie Sie das Portal beurteilen und, ob es Ihrer Meinung nach eine geeignete Form der Online-Demokratie darstellt. Des Weiteren hat das Thema der Abgeordnetenbestechung unser Intresse geweckt und wir würden geren wissen, wie Sie sich zu diesem Thema positionieren und ob es Ihrem Interesse entspricht, sich für ein Gestzt zur Offenlegung der Abgeordneteneinkünfte einzusetzten, um Abgeordnetenbestechung strafar zu machen.
Im Namen des Gymnasium Holthausens würden wir uns über eine baldige Rückmeldung freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Korbie, Viktor Köchel und Jonas Hoffmann
Lieber Jan, lieber Viktor, lieber Jonas,
vielen Dank für Eure Anfrage. Generell ziehe ich den persönlichen Austausch einem Schriftwechsel über Online-Portale vor. In der direkten Kommunikation lassen sich insbesondere persönliche Fragen deutlich detaillierter klären. Häufig erreichen mich über Websites oder Portale auch standardisierte Massenschreiben. Hier antworte ich grundsätzlich nur denjenigen, die klar erkennbar aus meinem Wahlkreis stammen. Im Übrigen habe ich auf meiner Website eine Unterseite
( http://www.groden-kranich.de/wahlkreis/antworten-auf-sammelmails/ ) mit meinen Antworten auf Massenschreiben eingerichtet.
In Eurer Nachricht fragt ihr auch nach meiner Haltung zum Thema „Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung“. Bei der gesamten Diskussion muss man bedenken, dass ich als Abgeordnete über ein freies Mandat verfüge und mir das Grundgesetz das Recht – und auch die Pflicht – einräumt, mir meine Meinung frei und unabhängig zu bilden. Insofern ist die Abgrenzung schwierig, welche Handlung eine Bestechung darstellt und welche nicht.
Ein Beispiel: Als Wahlkreisabgeordnete besuche ich einen Bäckermeister und besichtige sein Unternehmen. Um mir seine Fertigkeiten zu demonstrieren und als freundliche Geste schenkt er mir am Ende des Besuchs eine Tüte Brötchen, verbunden mit dem Wunsch, dass ich mich auch weiterhin im Bundestag für den Mittelstand in Deutschland engagiere.
Zwar erhalte ich in diesem Beispiel ein Geschenk und werde um eine konkrete Leistung gebeten, es handelt sich jedoch nicht um Bestechung im Sinne des Strafgesetzbuches. Mein politischer Einsatz für den Mittelstand resultiert eben nicht aus einer geschenkten Tüte Brötchen, sondern aus der Überzeugung, dass Handwerker, Selbständige und Unternehmer das Rückgrat unserer Wirtschaft und damit des Wohlstandes in unserem Land sind.
Die aktive Bestechung von Abgeordneten ist bereits seit 1994 strafbar. Gleiches gilt für Bestechlichkeit (passive Bestechung) im Sinne eines „Stimmenkaufs“. Im Februar 2014 hat der Deutsche Bundestag ein Gesetz verabschiedet, welches den Straftatbestand neu definierte und nochmals deutlich ausweitete. Demnach ist nicht nur der so genannten Stimmenkauf, also die Bestechung des Abgeordneten für ein bestimmtes Abstimmungsverhalten, strafbar, sondern generell „korruptive Verhaltensweisen von und gegenüber Mandatsträgern“. Dabei müssen die Abgeordneten selbst abwägen, welche Arten von Leistungen oder Handlungen sie annehmen können und welche nicht. Vor dem Hintergrund des oben beschriebenen Spannungsverhältnisses zwischen grundgesetzlich geschützter Freiheit des Mandats und der Bekämpfung von Abgeordnetenbestechung halte ich die gefundene Regelung für sinnvoll und zielführend.
Ähnlich verhält es sich mit der Offenlegung von Einkünften. Bereits heute müssen Abgeordnete alle Arten von Nebeneinkünften dem Bundestagspräsidenten melden, der diese in geeigneter Weise – derzeit online auf der Website des Bundestages in der jeweiligen Abgeordnetenbiographie – veröffentlicht. Eine Angabe von exakten Eurobeträgen lehne ich allerdings ab.
Hierzu erneut ein Beispiel: Einem Mitglied des Bundestages und seinem Ehegatten gehört eine GmbH zu je 50 %. Wäre der Abgeordnete verpflichtet, seine Einkünfte aus der GmbH exakt anzugeben, wären dadurch Rückschlüsse auf das Einkommen des Ehegatten möglich. Dies ist aus datenschutzrechtlichen Gründen höchst problematisch, zumal das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Grundgesetz berührt wird. Daher halte ich die derzeitige Verfahrensweise, also die Veröffentlichung der Einkünfte in mehreren definierten Stufen, für sinnvoll.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Groden-Kranich MdB