Frage an Ursula Eid von Christoph B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Frau Dr. Ursula Eid,
wie mir durch die Presse bekannt wurde, wurde bereits am 28. Oktober in Marienburg (Malbork) ein Massengrab mit vermutlich ueber 2000 deutschen Opfern entdeckt.
Eine Recherche ergab Fotos, die aufzeigen, dass die Arbeiten mit einen großen Bagger, dessen Schaufel die Grubenwand abträgt und Erde aufwirft, wieder aufgenommen worden sind. Beim Exhumieren mit einem Schaufelbagger werden laut diverser Berichte die Skelette auseinandergerissen und viele Spuren verwischt.
Nach Informationen des Spiegel hat der zuständige Bezirksstaatsanwalt noch nicht entschieden, die Gebeine von Experten kriminalistisch untersuchen zu lassen.
Seitens der deutschen Politik war bisher keinerlei Stellungnahme zu dem gefundenen Massengrab auffindbar, aus diesem Grund meine kurze Fragen:
I. Wie kann sichergestellt werden, dass vermutlich an Deutschen begangene Kriegsverbrechen in den ehemaligen Ostgebieten aufgeklaert werden koennen?
II. Gibt es im nunmehr seit 1990 souveraenen Deutschland eine Justizbehoerde, die auf die strafrechtliche Aufarbeitung der unzähligen Verbrechen hinwirken würde, die bei der Vertreibung und beim Einmarsch der Roten Armee und Allierten in Ost- , West- und Mitteldeutschland verübt wurden?
III. Wie wird seitens des Deutschen Staates darauf hingewirkt, dass die Deutschen Opfer eines vermuteten Kriegsverbrechens wuerdig bestattet und - falls moeglich - die Identitaeten der Opfer aufgeklaert werden?
Mit freundlichem Gruss,
Christoph Berndt
Sehr geehrter Herr Berndt,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die mich über "abgeordnetenwatch.de" erreicht hat.
Ihre Fragen möchte ich wie folgt beantworten:
1. Im Falle des jüngst entdeckten Massengrabs in Marienburg/Malbork bei Danzig arbeiten das Generalkonsulat Danzig und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., der im Auftrag der Bundesregierung die Kriegsgräberfürsorge im Ausland wahrnimmt, mit den zuständigen polnischen Stellen eng zusammen. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu diesem Fall hat am 23. Januar 2009 das polnische Institut des Nationalen Gedenkens (IPN) übernommen. Durch eine dreimonatige forensische Untersuchung der sterblichen Überreste sollen die Entstehung des Massengrabes und die Begleitumstände des Todes der aufgefundenen Opfer geklärt werden. Generell kann jedoch eine Aufklärung von Kriegsverbrechen in den ehemaligen Ostgebieten nicht garantiert werden, da dies von vielen Faktoren abhängt wie z.B. - wie auch im Falle von Marienburg - vom Zustand der Knochen aufgrund von Verletzungen oder notdürftiger Bestattungen.
2. Über eine Justizbehörde in Deutschland, die explizit mit der strafrechtlichen Aufarbeitung von Verbrechen im Rahmen der Vertreibung und des Einmarsches der Roten Armee und der Allierten betraut ist, habe ich keine Information. Meines Erachtens werden Fälle wie jüngst in Marienburg in enger Kooperation der deutschen Behörden mit denen des jeweiligen Landes, in dem Überreste von möglichen Kriegsopfern entdeckt werden, bearbeitet. Inwieweit jedoch eine vollständige strafrechtliche Aufarbeitung erfolgen kann, entzieht sich meiner Kenntnis.
3. Die Aussichten, zu einer individuellen Identifizierung der Toten in Marienburg zu kommen, sind nach Einschätzung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.aufgrund der Todesumstände und des Zeitablaufs gering. Es wird erwogen, die sterblichen Überreste - nach eingehender Untersuchung auch durch den Volksbund und abhängig von ihrer noch festzustellenden Gesamtzahl - auf einer der bestehenden deutschen Kriegsgäberstätten in Polen beizusetzen. Das auf einer deutschen Kriegsgräberstätte garantierte "ewige Ruherecht" der zivilen oder militärischen Kriegstoten ist das entscheidende Argument für eine Bestattung auf einem deutschen Kriegsgräberfriedhof in Polen. Selbstverständlich ist es auch der Politik ein wichtiges Anliegen, dass die Toten alsbald nach Abschluss der Ermittlungen und möglichst weitgehender Klärung der Hintergründe eine würdige letzte Ruhestätte finden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Uschi Eid MdB