Frage an Ulrike Rodust von Richard M. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Rodust,
im Dezember 2008 buchte ich im Reisebüro bei zusammen mit dem Urlaub einen Mietwagen (Holidayauto, München) für den Zeitraum von einer Woche in Spanien in den Osterferien 2009. Bei der Fahrzeugübergabe wurde ich von der örtlichen Ansprechpartnerin (Hiper rent a car) mit der für mich neuen Tatsache konfrontiert, 52 Euro vorab per Kreditkarte für eine Tankfüllung zahlen zu sollen. Dafür sollte das Fahrzeug dann von mir mit leerem Tank zurückgegeben werden. Da ich mich in der Zwangslage befand, dieses zu akzeptieren, oder auf den bereits im Voraus bezahlten Mietwagen zu verzichten, entschied ich mich notgedrungen für ersteres.
Beim ersten Tankvorgang, der einige Zeit nach dem Aufleuchten der Reserveleuchte erfolgte, passten - bedingt durch den kleinen Tank – mit Mühe lediglich für 32 Euro Kraftstoff in das Fahrzeug. Da es mir darüber hinaus nicht möglich war, den Wagen bis zum Absterben des Motors infolge Kraftstoffmangels leerzufahren, ist davon auszugehen, dass sich beim Mietende mindestens noch für 2 Euro Benzin im Tank befanden.
Somit habe ich 52 Euro für eine 30 Euro Tankfüllung bezahlen müssen. Dieses entspricht einem Literpreis von über 1,70 Euro, bei einem Tankstellenpreis von 94,2 Cent. Dieses ist nahezu eine Verdopplung. Ich empfinde dieses als Wucher, zumal ich bei der Buchung nicht darauf hingewiesen wurde.
Gibt es im europäischen Recht eine Regelung ähnlich der im BGB (Wucher) die dieses verbietet?
Sehr geehrter Herr Maaß,
herzlichen Dank für ihre Anfrage über Angeordnetenwatch. Nach Rücksprache mit einer zuständigen Fachexpertin kann ich Ihnen folgende Informationen bzgl. Ihrer Anfrage geben:
In Spanien gibt es keine Rechtsfigur, welche zur Kündigung bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung (hier: hoher Preis) und Gegenleistung (hier: Benzin) berechtigt. In Spanien könnte in derartigen Fällen das Recht auf Widerruf/Kündigung oder Nichtigkeit des Vertrages lediglich aufgrund eines Einigungsmangels bestehen, wie z.B. irreführende/fehlerhafter Angaben, Gewalt oder Einschüchterung. Wucher wird im Gesetz jedoch nicht als Grund angegeben.
Sollte in Ihrem Fall noch ein Vertrag vorliegen, könnte man noch in Erwägung ziehen, ob es sich um eine missbräuchliche Vertragsklausel zulasten des Verbrauchers handeln könnte. Die Richtlinie 93/13/EC über missbräuchliche Vertragsklauseln wurde in den Artikeln 80 bis 91 Legislative Royal Decree 1/2007 in Spanien implementiert.
In Ihrem Fall wäre demnach eine genaue Prüfung des Sachverhalts notwendig. Sofern Sie dies wünschen, können sie sich an die Europäische Verbraucherschutzzentrale in Kiel wenden. Dort würde man über die spanischen Kollegen prüfen lassen, ob eine Rechtsverletzung vorliegt. Fraglich wäre in einem solchen Fall aber auch, welche außergerichtliche Einigung erzielt werden könnte, da Händler aufgrund einer Beschwerde nicht bereit sein dürften, ihre AGBs zu ändern.
Eine gemeinsame Regelung über Wucher in Europa gibt es nicht. Die verbraucherschützenden Richtlinien finden Sie im Folgenden nochmal zusammengefasst. Wie diese in den einzelnen Mitgliedstaaten dann in nationales Recht eingefügt wurden, bleibt anhand des Einzelfalles zu prüfen.
93/13/EC - EU-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen
99/44/EC - EU-Richtlinie zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter
85/577/EWG - EU-Richtlinie betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen
97/7/EG - EU-Richtlinie über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz
Ansprechpartner für Sie in Kiel ist Frau Andrea Sack, 0431 590 99 511, Andreas Gayk Str. 15, 24103 Kiel, Europäisches Verbraucherschutz Zentrum.
Ich hoffe Ihnen mit dieser Beantwortung ein wenig weitergeholfen zu haben.
Herzliche Grüße nach Probsteierhagen,
Ihre Ulrike Rodust