Frage an Ulrike Rodust von Bühring M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr gehrte Frau Rodust,
nachdem sich nun im Zuge des den NSA-Skandals etc. alle von Kritikern geäußerten Bedenken hinsichtlich einer Zusammenarbeit im Datenaustausch mit den USA mehr als bestätigt haben, so werden u.a. sämtliche Kontobewegungen der EU-Bürger, nicht ausgewählte, von den USA gespeichert, meine Frage.
streuen Sie sich nicht Asche über Ihr Haupt und setzen alles in Bewegung, diesem unentwegten Ausspähwahnsinn unserer "Freunde" aus dem Westen endlich ein Ende zu bereiten? Merken Sie als EU-Parlamentarierin denn nicht, dass wir uns im globalen Wettbewerb insbesondere mit den USA befinden, und unter dem Deckmantel der "Sicherheit" von diesen nichts weiter als Spionage, insbesondere Industriespionage,betrieben wird?
Sehr geehrter Herr Bühring,
vielen Dank für Ihre Anfrage und zum NSA-Skandal. Ein Thema, welches uns seit Bekanntwerden der Vorwürfe auch im Europäischen Parlament sehr beschäftigt. Gerade im Hinblick auf die laufenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA, ist die von Ihnen angesprochene Gefahr der Industrie- und Wirtschaftsspionage ein zentraler Faktor. Aber allein zum Schutz der Privatsphäre der EU-Bürger müssen wir unseren transatlantischen Partner klar in die rechtlichen Grenzen zurückweisen.
Im Gegensatz zu den Regierungen der Mitgliedstaaten im Rat hat das Europäische Parlament bereits im Juli in einer Resolution deutlich zum NSA-Skandal Stellung bezogen. In der Resolution wird klar gemacht, dass weder die Terrorbekämpfung noch das geplante transatlantische Freihandels- und Investitionsabkommen mit den USA über die Privatsphäre europäischer BürgerInnen, oder das Recht auf Datenschutz und Informationsfreiheit gestellt werden dürfen. Darüber hinaus fordert die Parlamentsresolution ebenfalls, dass Unternehmen, welche in der EU Dienstleistungen anbieten, an den europäischen Rechtsrahmen gebunden und für eventuelle Verstöße haftbar gemacht werden müssen. Ich bin der Meinung, dass hiermit in Bezug auf beispielsweise Facebook oder Google ein sehr sensibler und für einen gesamteuropäischen Datenschutz sehr wichtiger Punkt angesprochen wird. Wir brauchen einen besseren und umfassenden europäischen Datenschutz! Den gesamten Text der Resolution finden Sie auch unter nachstehendem Link: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2013-0322+0+DOC+XML+V0//DE
Im September hat der Unterausschuss des Innenausschusses seine Arbeit mit dem Ziel aufgenommen, weitere Einzelheiten der Spionagevorwürfe ans Licht zu bringen und angemessene politische Antworten vorzuschlagen. In der Arbeit des Ausschusses wird deutlich, dass die Abgeordneten aus unterschiedlichen Mitgliedsstaaten verschiedene Interessen verfolgen und es nicht immer einfach ist, eine gemeinsame Linie zu finden. Seit Bekanntwerden des NSA-Skandals hat der Unterausschuss viele Tagungen abgehalten und wird seine Arbeit auch weiterhin intensiv fortsetzen.
Die Videoaufzeichnungen aller bisherigen Sitzungen finden Sie unter folgendem Link:
http://www.europarl.europa.eu/committees/de/libe/events.html
Ein weiteres politisches Statement, mit welchem das Europäische Parlament die Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten zum Handeln auffordert, ist die Resolution zur Aussetzung des SWIFT-Abkommens. Unsere Fraktion hat hier klar die Position vertreten, dass es nicht so weiter gehen darf, wie gehabt. Es gab bereits vor den Enthüllungen durch Edward Snowden einige Bedenken in Bezug auf das SWIFT-Abkommen, die auch durch die beschwichtigenden Aussagen der US-Administration nicht ausgeräumt werden konnten. Ich bin der Meinung, dass das Abkommen so lange ausgesetzt werden muss, bis alle Unklarheiten beseitigt sind. Nur so und mit der Möglichkeit einer vollständigen Aufkündigung des Abkommens können wir die USA in die Schranken weisen und unter Druck setzen. Auch diese Debatte können sie online nachvollziehen: http://www.europarl.europa.eu/eplive/de/plenary/video?debate=1381347727990
Das Parlament wird kommende Woche Mittwoch in Straßburg im Übrigen über diese Resolution abstimmen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen meine Position und die der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament näher bringen konnte.
Mit freundlichen Grüßen,
Ulrike Rodust
Weitere Fragen an Ulrike Rodust
(...) Dieses Problem lässt sich mit Handelspolitik nicht allein aus der Welt schaffen. Aber wir Sozialdemokrat_innen haben Instrumente erstritten, mit denen die EU Schritt für Schritt Arbeitsbedingungen in Drittländer verbessern kann. Dazu gehören maßgeblich die Anerkennung und Umsetzung der acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation. (...)
(...) Zwar konnte in dieser Abstimmung eine faire Vergütung, mehr Transparenz, Mechanismen zur Streitbeilegung, Klauseln zur Vertragsanpassung und ein Widerrufsrecht zum Vorteil von Kreativen durchgesetzt werden. Trotz der genannten Stärkung für Urheberinnen und Urheber haben meine SPD-Kolleginnen und Kollegen im Rechtsausschuss gegen das Regelpaket gestimmt, da die Artikel 11 und 13 eine knappe Mehrheit erhalten haben. (...)
(...) Unabhängig davon, dass das von der katalonischen Verwaltung ermöglichte Referendum keine rechtliche Grundlage hatte, hätte die konservative spanische Regierung viel früher politisch und nicht mit polizeilichen Mitteln dieser Art reagieren sollen. Die Sozialdemokraten in Katalonien und im restlichen Spanien fordern seit langem Gespräche über die Reform der spanischen Verfassung. In solchen Gesprächen auf Grundlage bestehenden Rechts sollte auch der Autonomiestatus Kataloniens überarbeitet werden. (...)
(...) Vor diesem Hintergrund muss Europa Handlungsfähigkeit zeigen und sich an die Seite Kanadas stellen, das schließlich von Trumps Plänen das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta nachzuverhandeln oder sogar zu kündigen ebenso betroffen sein wird, wie das von ihm ins Visier genommene Mexiko. CETA aus den falschen Gründen heraus die Zustimmung zu verweigern würde deshalb jetzt auch als Zeichen fehlender Solidarität mit Kanada verstanden werden, das als weltoffene Demokratie viele Werte mit dem Europa teilt, als dessen Vertreterin ich mich im Europäischen Parlament sehe. (...)