Frage an Ulrike Rodust von Dr. med. Helmreich E. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Rodurst,
morgen werden Sie über den Antrag aus der S&D-Fraktion abstimmen, ein Provisionsverbot für Finanzberatung einzuführen. Damit soll die ursprüngliche Beschlussvorlage wieder hergestellt werden, nachdem ein offensichtlich durch Lobbyarbeit erreichter freiwilliger Verzicht auf Provisionen von Abgeordneten derselben Fraktion beschlossen worden war. Wie werden Sie abstimmen?
Nach meiner Meinung ist ein striktes Verbot von Provisionen für Finanzberatungen sehr wichtig, um eine unabhängige Beratung sicherzustellen, die sich am Bedarf des Ratsuchenden und nicht am Finanz-Interesse des Beraters ausrichtet. Wie oft hört man von krassen Fehlberatungen von Finanzberatern, die ahnungslose Menschen schlicht über den Tisch ziehen und in den Ruin stürzen! Als Arzt höre ich von solchen Beratern, unter welch unmenschlichem Druck sie stehen, jedem Ratsuchenden ein Finanzprodukt zu verkaufen, das ihnen und ihrer eigenen Firma Provisionen einfährt, und dass dabei die Kunden schlicht ausgenommen werden.
Nicht ohne Grund gilt für Ärzte, dass sie keinen wirtschaftlichen Vorteil von der Verordnung der Medikamente haben dürfen: eben damit sie die Gesundheit der Ratsuchende im Blick haben und nicht den eigenen Vorteil. Dasselbe Prinzip muss auch für die Vermögensberatung der Menschen gelten!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. Eberlein
Sehr geehrter Herr Dr. Eberlein,
für Ihr Interesse an der Arbeit des Europäischen Parlaments und für Ihre Anfrage möchte ich Ihnen herzlich danken. Das Thema Anlageberatung im Rahmen der sogenannten MiFID-II-Gesetzgebung hat uns in den letzten Wochen uns Monaten sehr beschäftigt.
Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass der bisherige Rechtsrahmen (MiFID-I) hier zu kurz greift und dem Problem der rein provisionsgesteuerten Fehlberatung nicht ausreichend entgegen wirkt. Es ist nicht so, dass wir als sozialdemokratische Gruppe im Europäischen Parlament ein Provisionsverbot verhindern wollten. Vielmehr wurde aktiv an einem Kompromiss gearbeitet, der auch von den anderen Fraktionen getragen wird und somit eine schnelle Verbesserung der aktuellen Gesetzgebung in Kraft treten kann. Nach dem im Ausschuss beschlossenen Kompromiss soll Provisionsberatung nur noch dann möglich sein, wenn
1. die Provisionen in Gänze an den Kunden weitergereicht werden;
2. die Provisionen nur die bei Beratung und Anlage entstandenen Kosten decken; oder
3. der Kunde umfassende Informationen darüber erhält, wer nach Abschluss Provisionen in welcher Höhe erhält.
Ich habe mich in dieser Frage bei den Abstimmungen an der Position der Fraktion orientiert, da ich der Überzeugung bin, dass dieses und andere Probleme in der Finanzwirtschaft schnell behoben werden müssen. Besonders wichtig war uns daher auch eine starke Revisionsklausel, die die Kommission verpflichtet, nach dreieinhalb Jahren zu überprüfen, ob die neuen Regelungen zur Provisions- und Honorarberatung funktionstüchtig und verbraucherfreundlich sind.
Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass es den einzelnen Mitgliedstaaten offen steht, ein vollständiges Provisionsverbot durchzusetzen. Diese Möglichkeit kam in der Medienberichterstattung nicht ausreichend zum Ausdruck!
Wenn Sie noch weitere Fragen zu diesem oder anderen Themen haben, wenden Sie sich bitte jederzeit gerne an mich, beziehungsweise mein Büro.
Mit freundlichen Grüßen,
Ulrike Rodust