Frage an Ulrike Merten von Ulrich H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Merten,
Im Wall Street Journal vom 20.05.2008 schreibt Andrew Stroehlein von der International Crisis Group zur küezlichen Aussetzung der EU Sanktionen gegen Usbekistan das Folgende:
"If any one EU member state deserves credit for this foreign-policy failure it is Germany. From the start, Berlin has worked against sanctions and then pushed to weaken them with a determination and effectiveness that would be the envy of any paid lobbyist Tashkent could ever hope to hire.
Perhaps this sounds an odd political approach for a country whose experience with two dictatorships in the 20th century gives it a greater obligation than most to speak out against authoritarianism. But Germany has been willing to sell out its own and European values for two misguided reasons. The first is that Berlin seems to harbor the unrealistic hope that Uzbek gas could make a real contribution to the diversification of European energy supplies. (...) The second is a military base Germany has in the southern Uzbek city of Termez, which it uses for its operations in Afghanistan. Since earlier this year, other NATO members have also been able to use Termez.
But the base´s military significance hardly justifies supporting an authoritarian regime. Tashkent´s violence against its own people only erodes the kind of regional stability the NATO mission is designed to encourage in the first place. (...) European foreign policy has been made to look foolish by establishing a principled stand only to surrender those same principles in a couple of short years. The humiliation is compounded by the timing. The suspension of the sanctions comes just weeks ahead of the anniversary of the massacre.
Berlin´s maneuvers in support of the Karimov regime have done a huge discredit to the EU." ( http://www.crisisgroup.org/home/index.cfm?id=5445 )
Bitte erläutern Sie mir (1) Ihre Position hierzu, und (2) ob Sie diesbezüglich etwas unternehmen werden.
MfG,
Ulrich Hansen
Sehr geehrter Herrn Hansen,
bitte entschuldigen Sie die längere Bearbeitungszeit, gerne erläutere
ich Ihnen meine Positionen zu diesem Thema:
1) Der Artikel arbeitet mit der pauschalen Unterstellung, die Bundesregierung habe sich für "Aufweichung" der EU-Sanktionen gegen Usbekistan eingesetzt und dadurch zur Stabilisierung des Karimow-Regimes beigetragen. Diese Behauptung wird weder mit Beispielen belegt noch schlüssig begründet. Das Gegenteil trifft zu: die Bundesregierung setzt sich bilateral und im EU-Rahmen nachhaltig für eine Verbesserung der kritischen Menschenrechtslage in Usbekistan ein. Sie verfolgt dabei eine Politik des kritischen Dialogs, der Menschenrechtsverletzungen auch öffentlich mahnt. Deutschland wird sich auch weiterhin national und im Rahmen der EU für die Verbesserung der Menschenrechtslage in UZB einsetzen. So wurden während der Anfang Juni abgehaltenen deutsch-usbekischen außenpolitischen Konsultationen auch eine Verbesserung der Menschenrechtslage eingefordert und konkrete Einzelfälle angesprochen. Daneben setzt sich Deutschland über seine Botschaft in Taschkent auch vor Ort für die Verbesserung der Menschenrechtslage ein. So hat zum Beispiel die erst kürzlich freigelassene diesjährige Trägerin des Martin Ennals Menschenrechtspreises ihre Freilassung auf das aktive Engagement Deutschlands zurückgeführt. Die von DEU und der EU gewählte Dialogpolitik wird von zahlreichen usbekischen Oppositions- und Menschenrechtsgruppen ausdrücklich positiv gewürdigt, da sie die Anliegen der Opposition am effektivsten unterstütze.
2) Nach Beginn der von der EU gegen UZB erhobenen Sanktionen hat sich die Menschenrechtslage in UZB in einigen Punkten signifikant verbessert. Zu erwähnen sind hier insbesondere die Abschaffung der Todesstrafe, die Einführung einer Habeas Corpus Regelung mit der Übergabe der Zuständigkeit für Haftbefehle auf die Gerichte, eine Strafrechtsreform mit deutlicher Absenkung von zahlreichen Maximalstrafen, die Wiederzulassung der Gefängnisbesuche durch das IKRK, die innerstaatliche Umsetzung von internationalen Konventionen wie zur Stärkung der Kinderrechte sowie eine generelle Amnestie mit Freilassung einiger Menschenrechtsverteidiger im Februar 2008. Weiterhin hat UZB als erstes zentralasiatisches Land einen Menschenrechtsdialog mit der EU begonnen, dessen zweite Runde zuletzt am 5. Juni in Brüssel stattfand und bei dem alle menschenrechtsrelevanten Fragen seitens der EU angesprochen wurden. Ein Teil der Sanktionen (Visabeschränkungen) wurden durch die EU im Konsensverfahren in Abhängigkeit von weiteren Fortschritten zuletzt für weitere sechs Monate bis November 2008 suspendiert, entsprechend dem jeweiligen Fortschrittsgrad auf usbekischer Seite gelockert. Dabei haben allein menschenrechtsrelevante Fragen im Zentrum der Diskussion gestanden.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Merten