Frage an Ulrike Merten von Andreas P. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Merten,
Die Informationspolitik des Bundesministeriums der Verteidigung gibt außerordentlichen Anlass zur Kritik. So konnte man im Herbst vagen Presseberichten entnehmen, dass bis zu 400 Deutsche Soldaten in Nordafghanistan an einem Unternehmen namens "Harekate Yolo" teilgenommen hätten, in dessen Verlauf laut Norwegischer Armee über 30 Aufständische umgekommen sind - und das unter dem Kommando eines Deutschen Generals stand.
Tatsächlich war die Norwegische "Aftenpost" das erste Medium, dass über diesen Vorfall berichtet hat, während das BMVg sowohl auf seiner Webpräsenz als auch auf direkte Anfrage hin bis heute dazu keinerlei Stellung bezieht, und stattdessen über Baumpflanzungsaktionen und Freundschaftsfußballspiele schwadroniert - was vom Bürger als bewusster Verdummungsversuch, wenn nicht gar als Propaganda eingestuft werden muss. Auch veröffentlicht das Verteidigungsministerium keinerlei Informationen darüber, wie viele Deutsche Soldaten in Afghanistan Opfer von Anschlägen wurden - so sprechen die Medien weiterhin von 18 toten Soldaten, während ausländische Stellen von mindestens 25 und Insider sogar von noch mehr Verlusten ausgehen - so häufen sich die Beispiele. Dieses Verhalten entspricht nicht den Transparenzprinzipien einer Demokratie. Es ist verständlich, wenn aktuelle Informationen zurückgehalten werden aus Gründen der Operativen Sicherheit, doch da der Bundestag auch die Entscheidung, Truppen in ein anderes Land zu entsenden im Namen des Deutschen Volkes fällt, so hat dieses doch zumindest nachträglich ein Recht darauf zu erfahren, was dort dann tatsächlich geschieht?
Ferner wundere ich mich, ob die Politik wirklich glaubt, mit solchen Methoden die Akzeptanz für die Notwendigkeit des Einsatzes steigern zu können, wenn sie dem Volk, dem Anschein nach nur für ein paar Stimmen mehr, da die Zustimmung zu ISAF in der Bevölkerung eindeutig am Schwinden ist, Halbwahrheiten auftischt?
Mit freundlichem Gruß,
A. Politschek
Sehr geehrter Herr Politschek,
gerne antworte ich auf Ihre Email vom 15.12.2007, in der Sie insbesondere die Informationspolitik des Bundesministeriums der Verteidigung kritisieren und damit auch die parlamentarische Kontrolle ins Blickfeld nehmen. Vorausschicken möchte ich, dass ich auch öffentlich das BMVg, insbesondere im Jahr 2006 rund um die neuen Bundeswehreinsätze im Libanon und in der DR Kongo sowie um das Weißbuch der Bundesregierung zur Sicherheitspolitik, auf verbesserte & zeitnähere Informationen ersucht habe, um meinen parlamentarischen Kontroll- & Entscheidungsmöglichkeiten wirksam und angemessen nachkommen zu können.
Soweit Sie jedoch Informationen zur Operationsführung innerhalb eines Auslandseinsatzes der Bundeswehr ansprechen, gibt es hier aus Sicherheits- & Geheimhaltungsgründen berechtigte enge Grenzen. Deshalb werde ich auf Ihr Beispiel auch nicht eingehen. ch darf Ihnen jedoch versichern, dass jede Sitzung des Verteidigungsausschusses mit einer ausführlichen Berichterstattung der Bundesregierung über die Lage in den Einsatzgebieten beginnt, in der die Mitglieder auch eine umfassende Gelegenheit zur Nachfrage haben. Darüber hinaus gibt es Anlass bezogene Unterrichtungen der Obleute der Fraktionen und der Fraktionsvorsitzenden unter strengem Geheimhaltungsgebot. Auch wenn Transparenz grundsätzlich wünschens- und unterstützenswert ist, ist es der repräsentativen Demokratie immanent und an dieser Stelle auch der Sicherheit unserer Soldaten willen notwendig, mit bestimmten Informationen sehr sensibel umzugehen. In welcher Intensität in der Öffentlichkeit berichtet werden kann resp. die Entscheidung über die Geheimhaltungsbedürftigkeit von Informationen trifft die Exekutive. Auch mich macht allerdings die schwindende Unterstützung in der Bevölkerung für die Afghanistan-Mandate besorgt. Hier sehe ich eine Vermittlungsaufgabe für uns Parlamentarier, die – ohne immer die Details ihres Kenntnisstandes weitergeben zu können – in der Verantwortung gegenüber dem Bürger stehen, ihre Entscheidungen zu erläutern. Ich danke Ihnen für Ihr engagiertes Verfolgen der Presse über den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan und Ihr Interesse an den Fragen der parlamentarischen Kontrolle. Ich bin allerdings überzeugt von der Sinnhaftigkeit des deutschen Engagements einschließlich der von Ihnen zitierten Einzeloperation, die nicht zuletzt auch der Sicherheit unserer Soldaten diente.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Merten, MdB