Ulrike Merten
SPD
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Frage von Petra K. •

Frage an Ulrike Merten von Petra K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Merten,

nach neuesten Berichten, stimmen Sie am 8. /9. Nov. über die Vorratsdatenspeicherung ab. Das macht mir Sorge. Ist dies doch ein klarer Schritt hin zum gläsernen Menschen. Da Sie den Wahlbezirk, in dem ich wohne, vertreten, bitte ich Sie um eine Stellungnahme. Wie ist es zu vertreten, dass künftig alle Verb.-daten meiner Telefonate +Mails 6Monate lang gespeichert werden? Ich kann mich nicht einverstanden erklären, erst einmal verdächtigt und daher überwacht zu werden. Wie soll ich mit meinem Arzt, oder Anwalt usw. kommunizieren, wenn ich davon ausgehen muß, dass alles dokumentiert wird? Sind die Daten einmal vorhanden, gibt es auch keine echte Garantie mehr gegen Missbrauch. Zu viele Menschen sind käuflich, auch Beamte! Was soll das alles kosten? Mußich als Kunden das am Ende wieder bezahlen? Soll also ich für meine eigene Überwachung zahlen? Außerdem , ist das Gesetzesvorhaben verfassungsrechlich überhaupt zulässig? Irland hat gegen eine entsprechende EU-Richtlinie vor dem Eu- Gerichtshof geklagt und in Deutschland steht eine Sammelklage vor dem Bundesgerichtshof an. Ich möchte Sie daher dringend bitten, das Grundgesetz und damit meine Persönlichkeitsrechte zu achten und zu schützen! Noch im Juli 2007 hat das Verfassungsgericht in einer Urteilsbegründung festgestellt: "Daher wäre eine Sammlung der dem Grundrechtsschutz unterliegenden personenbezogenen Daten auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken mit dem Grundgesetz nicht vereinbar." Bitte beschließen Sie kein Gesetz, dass der Freiheit unseres Grundgesetzes widerspricht. Falls Sie nicht gegen die Vorratsdatenspeicherung stimmen, können Sie mir erläutern, warum Sie trotz der Bedenken vieler Bürger und Fachleute für die Vorratsdatenspeicherung abstimmen.
MfG
Petra Kreutzer

Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kreutzer,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zur gesetzgeberischen Umsetzung der europäi­schen Richtlinie zur Online-Überwachung & sog. Vorratsdatenspeicherung.

Gerne erläutere ich Ihnen meinen Stand­punkt zu diesem Thema. Das Gesetz ab 01.01.2008 schafft ein abgestimmtes Gesamtsystem strafprozessualer heimlicher Ermitt­lungs­­maßnahmen, in dessen Zentrum der Ausbau grundrechtlicher Sicherun­gen steht. Tausende Protest-Emails haben mich & meine Kol­le­gin­nen & Kollegen in den vergangenen Monaten erreicht & fast unseren elektro­nischen Post­eingang lahmgelegt. Einige MdB´s haben in dieser Woche persönliche Er­klä­rungen zur Geschäftsordnung abgegeben & darin ihre Beden­ken mitgeteilt. Ich nehme die zurückhaltenden resp. warnenden Stimmen sehr ernst. Den­noch habe ich dem Gesetz zugestimmt. Gerade von sozialde­mokratischer Sei­te haben wir seitens der Fraktion & unserer Justizministerin Zypries erfol­greich Schadensbegrenzung gegenüber den ursprünglichen EU-Plänen & dem Entwurf des Bundesinnenministers Schäuble betrieben. Zum einen ist das Gesetz für mich eine notwendige rechtliche Klarstellung auf neue Medien, v. a. die mobile Kommunikation & Internet. Zum anderen ist die wehr­hafte Demo­kra­tie für mich nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern sie muss auch über rechtstaatliche Mittel verfügen, sie durchzusetzen. Welchen Erfolg das Gesetz ent­faltet, bleibt abzuwarten, doch sich des Themas angesichts der weltweiten Sicherheitslage zu verschließen, hielte ich für fahrlässig. Dass Handy & Inter­net die Lieblingskommunikationsmittel von Straftätern aller Art geworden sind, ist unstreitig. Zum Inhalt: Gemäß EG 2006/24 Telekommunikationsunternehmen künftig 6 Monate lang bei Mobilfunkgesprächen Rufnummer, Uhrzeit, Datum & Standort gespeichert werden. Beim Internet werden Daten zum Zugang (IP-Adresse), zur Emailkommunikation (s. Handy) & Internettelefonie erfasst. Inhalte dürfen nicht gespeichert werden. Ab 2009 darf der Aufruf einzelner Seiten nicht mehr gespeichert werden. Zugang zu den Daten haben mit richterlichem Beschluss Polizei & Staatsanwaltschaft zur Strafverfolgung. BM Zypries hat die Speicher­dauer von ursprünglich 36 Monaten auf 6 Monate herunterverhandelt & Bewe­gungsprofile abgewehrt. In der Novellierung der Vorschriften ist die Telefonüberwachung weiter eingegrenzt wor­den. Eine Telefonüberwachung wird künftig auf schwere Straftaten begrenzt, also Straf­taten, die mit mindestens 5 Jahren Haft bedroht sind. Ist der Kernbereich privater Le­bensgestaltung betroffen, ist eine Telefonüberwachung von vorneherein verboten. Und selbst wenn es um die Aufklärung schwerster Straftaten geht, darf in den Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht eingegriffen werden. Es besteht ein ausdrückliches Erhe­bungs- und Verwertungsverbot für Kommunikationsinhalte aus dem intimsten Bereich. Insbesondere bei den Berufsgeheimnisträgern (Ärzte, Rechtsanwälte, Journalisten) wird nach geltendem Recht der vorhandene Schutz nicht nur vollumfänglich erhalten, sondern sogar ausgebaut. So wird klargestellt, dass sie in Ermittlungsmaßnahmen nur nach einer sorgfältigen Abwägung im Einzelfall einbezogen werden dürfen. Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position in aller Kürze angesichts des komplexen Themas näher bringen und Ihnen Ihre Frage beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Merten, MdB