Ulrike Merten
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Frage von Volker W. •

Frage an Ulrike Merten von Volker W. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
Am 13.01.2007 gibt der Bonner Generalanzeiger eine kleine dpa-Meldung wieder. Sie trägt die Überschrift „Fettleibige Deutsche kosten Milliarden“. Danach kostet die Behandlung der überwiegend wegen Bewegungsmangel und Fehlernährung fettleibigen Versicherten nach Angaben der Bundesärztekammer 15 bis 20 Milliarden Euro jährlich.

Bei 15 bis 20 Milliarden Euro Einsparpotenzial lohnt es sich für die Versichertengemeinschaft, die Risikogruppe zur Selbstverantwortlichkeit zu erziehen. Gezielte Prämienzuschläge wären m. E. ein geeignetes Mittel.

Frage: Welche konkreten Handlungsanweisungen enthält die gestern beschlossene Gesundheitsreform, um das Verhalten dieser Risikogruppe und damit die Gesundheit dieser Leute mehrheitlich zu reformieren und in der Folge die Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung zu senken? Unterstützen Sie meinen Vorschlag der gezielten Prämienerhöhung wegen selbstverschuldeter Krankheitsrisikoerhöhung.?
Ihrer Antwort sehe ich mit Interesse entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Wenthe, aus Ihrem Wahlkreis

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wenthe,

haben Sie vielen Dank für Ihr Interesse an meiner Arbeit. In Ihrer Anfrage beziehen Sie sich auf einen Artikel aus dem Generalanzeiger, der eine Mehrbelastung der Versichertengemeinschaft auf Grund des Fehlverhaltens bestimmter Gruppen thematisiert. Obgleich ich zur Höhe der Kosten, die die von Ihnen benannte Gruppe der Übergewichtigen laut Generalanzeiger verursacht, keine verlässlichen Daten habe, möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass man in diesem Zusammenhang auch über die finanziellen Folgen von anderen Risikoverhaltensweisen wie dem Rauchen, dem übermäßigen Alkoholgenuss oder der Ausübung von bestimmten Risikosportarten diskutieren und dieses auch verifizierbar sein muss.

Mich und meine Kolleginnen und Kollegen im Bundestag erreichen regelmäßig dem Ihren ähnliche Vorschläge. Diese sehen nicht nur vor, dass bestimmte Risikogruppen einen Sonderbeitrag zur gesetzlichen Krankenkasse zahlen sollen, sondern dass diese Gruppen sogar in eine eigene Krankenversicherung „ausgelagert“ werden sollten. Alle hierzu eingegangenen Vorschläge wurden bereits im Zuge der letzten Gesundheitsreform breit und kontrovers diskutiert. Letztendlich scheitern diese Vorschläge immer an dem Hindernis der Verwaltungspraktikabilität. Um die Sonderbeiträge zu rechtfertigen und erheben zu können, müssten die Krankenkenversicherer einen Großteil Ihrer Arbeit darauf verwenden, den Lebensstil der Versicherten zu kontrollieren und verlässlich auf Risikofaktoren hin zu untersuchen. Ferner war für uns bei all diesen Vorschlägen nicht akzeptabel, dass sich die Krankenkassen oder eine hierfür zuständige Kontrollbehörde als „Schnüffelpolizei“ betätigen, in sehr private Bereiche der Versicherten eindringen und sich in die freiwillig gewählte Lebensweise des Bürgers einmischen müssten. Dies soll und kann nicht das Ziel einer freiheitlichen gesetzlichen Krankenversicherung sein, die auf Aufklärung und Einsicht der Bürger setzt.

Dennoch möchte ich Ihnen Recht geben, dass es dringend notwendig ist, sich diesem Problem, dass neben den Betroffenen selbst auch uns als Bürger alle belastet, anzunehmen. Allerdings ist der gangbare Weg hier die Prävention und die positive Motivation (Anreizmechanismen), die schon im Kindesalter beginnen müssen, um die kostspieligen Folgen von Rauchen, übermäßigem Alkoholgenuss oder einer ungesunden Ernährungsweise zu verhindern.

Wie Sie vielleicht wissen, ist hierzu bereits eine erste Maßnahme im Jahr 2004 auf den Weg gebracht worden. Zumindest ein Teil der in diesem Jahr erfolgten Tabaksteuererhöhung wird den gesetzlichen Krankenversicherungen zur Verfügung gestellt. Somit werden die „Verursacher“ zumindest teilweise an den durch Rauchen verursachten Kosten für das Gesundheitssystem beteiligt.

Ferner besteht unabhängig von der jetzigen Gesundheitsreform bereits jetzt die Möglichkeit für die Krankenkassen, für Ihre Versicherten Präventionsmaßnahmen vorzusehen. Hierzu sieht der §20 Abs.1 SGB V (auszugsweise) vor: „Die Krankenkasse soll in der Satzung Leistungen zur primären Prävention vorsehen, die die in den Sätzen 2 und 3 genannten Anforderungen erfüllen. Leistungen zur Primärprävention sollen den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen erbringen.“

Leider machen die Krankenkassen von der Regelung aus dem §20 SGB V bislang nicht im wünschenswerten Umfang davon Gebrauch, da selbstverständlich auch diese Maßnahmen nicht kostenlos sind, von den Krankenkassen aber freiwillig erbracht werden müssten. Diesen Zustand wollen wir noch in dieser Legislaturperiode ändern, indem wir ein Präventionsgesetz vorlegen, welches die Krankenkassen zu Präventionsmaßnahmen verpflichtet.

Außerdem haben wir bereits in der derzeitig diskutierten Gesundheitsreform einen Passus im §62 als finanziellen Anreiz aufgenommen, wonach chronisch kranke Patienten (hierzu zählen Fettleibige i.d.R.) nur dann lediglich maximal 1% Zuzahlungen leisten müssen, wenn sie sich therapiegerecht verhalten, d.h. sich z.B. auf Anraten des behandelnden Arztes mehr bewegen und gesünder ernähren. Ansonsten fallen die Zuzahlungen höher aus.

Mit freundlichem Gruß
Ulrike Merten MdB