Frage an Ulrike Flach von Sebastian S. bezüglich Gesundheit
Ich beziehe mich auf meine Frage zur Abschaffung der Anwendbarkeit des Kartellrechts im Gesundheitswesen durch die Änderung des § 69 SGB V im Zuge des AMNOG. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU/ CSU und FDP wurde vereinbart, die Anwendbarkeit des Kartellrechts nach GWB für das gesamte Gesundheitswesen wieder einzuführen. Die Neuregelung des § 69 SGB V mit Wirkung ab 01.01.2011 stellt damit nicht nur einen Bruch des Koalitionsvertrages, sondern insbesondere auch eine Täuschung Ihrer Wähler dar, da die Einführung der Anwendbarkeit des Kartellrechts im Gesundheitswesen auch ein Bestandteil Ihres Wahlprogrammes zur letzten Bundestagswahl darstellt. Nach den Wahlniederlagen hat nun Ihr neuer Parteivorsitzender Phillip Rössler versprochen, "zu liefern". Bedeutet das, dass die FDP nun die Einführung der Anwendbarkeit des Kartellrechts im Gesundheitswesen in einem zweiten Anlauf mit Verweis auf den Koalitionsvertrag durchsetzen wird?
Sehr geehrter Herr Stegmaier,
haben Sie vielen Dank für Ihre erneute Frage zum Thema Kartellrecht. Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass in der Entwurfsfassung des § 69 Abs. 2 SGB V alle Verträge im Leistungserbringerrecht der GKV vom Anwendungsbereich des Kartellrechts umfasst waren. An dieser Regelung hatte es sowohl von Kassenseite wie auch von Seiten der Leistungserbringer Kritik gegeben, die sich daran orientierte, dass Verträge regelhaft und damit kollektivvertraglich abgeschlossen werden. Würde man das Kartellrecht anwenden, könnten diese kollektivvertraglichen Versorgungsstrukturen zerschlagen werden.
Die Regierungskoalition hat sich deshalb entschlossen, alle Verträge, die Krankenkassen oder ihre Verbände mit Leistungserbringern oder deren Verbänden abschließen müssen, vom Kartellrecht auszunehmen. Das ist kein Bruch des Koalitionsvertrages, sondern sachlich einleuchtend. Wenn ein Vertrag aufgrund gesetzlicher Bestimmungen verpflichtend abgeschlossen werden muss, kann man nicht kartellrechtliche Sanktionen erlassen, wenn alle Kassen dann das Gesetz anwenden und solche Verträge abschließen. Das Kartellrecht sieht u.a. auch als Sanktionsmöglichkeit das Verbot von Vertragsabschlüssen vor. Es wäre völlig unpassend, einerseits einen verpflichtenden Abschluss eines Vertrages vorzuschreiben, andererseits ein Verbot eines Vertragsabschlusses zu erwägen.
Das AMNOG ist vor nicht einmal einem halben Jahr in Kraft getreten. Ich halte es für richtig, das Gesetz jetzt erst einmal anzuwenden und nicht die Regelungen schon wieder in Frage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Flach