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Frage von Carsten T. •

Frage an Ulrike Flach von Carsten T. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Flach,

mit Schrecken lese ich, dass die Bundesregierung wieder das Geld der deutschen Steuerzahler verwenden will, um Griechenland zu "retten" oder, die Wahrheit gesagt, das europäische Bankensystem zu retten und die Boni der Banker zu erhalten.

Die deutsche Regierung verstösst damit gegen den Vertrag von Lissabon (no-bailout-Klausel) und gegen die Interessen des deutschen Volkes. Es ist eine unheilige Allianz zwischen Banken und Regierungen entstanden, deren Motto zu sein scheint: "Ich (Regierung) rette dein System und ihr (Banken) leiht mir weiterhin Geld":

Der Einzige in Ihrer Partei, der diesen Betrug erkannt und angesprochen hat, ist Frank Schäffler.
Ich möchte Sie fragen, ob Sie ihn in seiner Forderung unterstützen werden, dass die nutzlosen Rettungsschirme und die Transferunion beendet werden und die Gläubiger der Staatsanleihen der PIIGS-Staaten endlich ihre Verluste selber tragen müssen?

Mit freundlichen Grüssen
Dipl.-Ing. Carsten Thiemann

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Thiemann,

vielen Dank für Ihren Fragen zum Thema Griechenland bzw. Europäische Rettungsschirme. Die Europäische Union befindet sich aktuell in einer der schwierigsten Phasen ihrer Geschichte. Verschärft durch die Finanzkrise offenbarten sich tiefe strukturelle Probleme bei einigen Mitgliedstaaten, die sich zu Schuldenkrisen in den betroffenen Ländern auswuchsen. Gesamteuropäische Brisanz bekommt diese Entwicklung dadurch, dass diese Länder Teil des gemeinsamen Europäischen Währungsraumes sind.

Alle Euroländer haben lange Zeit von der gemeinsamen Währung und dem eng verflochtenen gemeinsamen Binnenmarkt profitiert. In dieser Krise zeigt sich jedoch auch, dass einzelne Länder den gesamten Währungsraum mit in die Krise ziehen können. Zur Vermeidung dieses Effektes wurden ursprünglich die Maastricht Kriterien entwickelt. Die Staatsverschuldung soll 60% des BIP nicht übersteigen und das jährliche Defizit nicht höher als 3% des BIP sein. Diese Regeln wurden u.a. von den Vorgängerregierungen der derzeitigen christlich-liberalen Bundesregierung im Laufe der Jahre jedoch immer weiter aufgeweicht. Darüber hinaus hat Griechenland über einen gewissen Zeitraum auch falsche Zahlen geliefert, welche die strukturellen Probleme verschleiert haben. Klar wird hierbei, dass der eigentliche Schutzmechanismus nicht funktioniert hat.

Es geht deshalb immer um zwei Punkte. Erstens muss gewährleistet sein, dass solch eine Krise in Zukunft nicht mehr eintreten kann. Dafür wurde der Stabilitätspakt bereits im März 2011 in seinen Anforderungen und Sanktionen verschärft. Darüber hinaus muss jedoch auch die akute Krise der betroffenen Staaten gelöst werden. Und es steht außer Frage, dass eine ungeordnete Staatspleite z.B. Griechenlands die gesamte Eurogruppe in eine neue Krise stürzen würde.

Das erste Interesse Deutschlands bei den bisher getroffenen Hilfsmaßnahmen lag immer darin, Schaden vom deutschen Steuerzahler abzuwenden. Denn was bedeutet es, wenn Sie schreiben, dass die „Gläubiger der Staatsanleihen der PIIGS-Staaten endlich ihre Verluste selber tragen müssen“? Es bedeutet, dass europaweit Banken, Versicherungen und Rentenfonds massive Verluste hinnehmen müssten. Das bedeutet wiederum, dass die Kunden dieser Institutionen ebenfalls um Ihre Einlagen bangen müssten und in einem zweiten Effekt die gesamte Wirtschaft mit in die Krise gezogen wird. Die eigentlichen Gläubiger sind die Bankkunden, Versicherungsnehmer und Rentenempfänger. Es geht im Endeffekt also nicht um die Rettung von „Banker-Boni“ sondern um den Schutz Ihres Ersparten.

Die Gläubigerbeteiligung bleibt jedoch trotzdem ein wichtiger Bestandteil und eine Forderung der FDP. Sie wird im künftigen Rettungsmechanismus (ESM) als disziplinierendes Element auch eingeführt. In der aktuellen Griechenland-Krisenhilfe käme eine erzwungene Gläubigerbeteiligung jedoch einer Staatspleite gleich, deren Auswirkungen ich oben beschrieben habe. Diese Gefahr gilt es, aktuell einzudämmen.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es daher sinnvoll, in einer gesamteuropäischen Hilfsmaßnahme den betroffenen Ländern beizustehen. Diese Hilfen müssen jedoch so gestaltet sein, dass sie befristet und an Bedingungen geknüpft sind. Griechenland, Portugal und Irland haben sich zu massiven Sparmaßnahmen bereit erklärt bzw. bereits umgesetzt. Es handelt sich also nicht um eine Vollkaskoversicherung für Staaten. Deutschland verstößt daher auch nicht gegen die no-bailout-Klausel. Bei den gewährten Liquiditätshilfen handelt es sich um rückzahlbare und verzinste Kredite. Kein Land der Welt hat bisher griechische Schulden übernommen.

Ihre
Ulrike Flach