Frage an Ulrike Flach von Sebastian S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Flach,
haben Sie vielen Dank für Ihre Antwort vom 14. Januar 2011. Ihre Begründung, warum von der ersten Entwurfsfassung des § 69 Abs. 2 S. 2 SGB V n.F. (volle Anwendbarkeit des Kartellrechts) bei Versorgungsverträgen in der HKP zu Lasten der privaten Leistungserbringer in der Endfassung des AMNOG abgewichen (voller Ausschluss des Kartellrechts) wurde, überzeugt nicht.
Selbst wenn man die kollektivvertraglichen Versorgungsstrukturen im Gesundheitswesen vor der Anwendbarkeit des Kartellrechts schützen wollte, erklärt dies nicht, warum man die vielen kleinen privaten Leistungserbringer in der Pflege nun völlig schutzlos der Willkür ausliefert. Die Verträge nach §§ 132, 132 a SGB V werden mit uns privaten Leistungserbringern von der GKV nur im Wege des Einzelverträge geschlossen. Fakt ist, dass die GKV die Bedingungen diktiert, unter denen man abzuschließen hat. In Ermangelung einer Verhandlungsmacht bleibt den Betroffenen nur, die oft sittenwidrigen Bedingungen und Preise der Krankenkasse notgedrungen zu akzeptieren.
Das GWB schützt den Wettbewerb und soll verhindern, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen seine Marktmacht zu Lasten des Kleinen missbraucht - § 19 GWB. Hier bot das Kartellrecht einen gewissen (Rest-)Schutz. Diesen Schutz (§69 SGB V a.F.) haben Sie nun auch bei den Einzelverträgen mit dem Argument aufgehoben, dass das Kartellrecht, welches als Sanktionsmöglichkeit auch das Verbot von Vertragsschlüssen vorsähe, nicht auf Vertragstypen passe, die verpflichtend abzuschließen seien. Folgte man der Argumentation, unterfielen damit sämtliche Strom- oder Wasserlieferverträge (Stadtwerke!) nicht mehr dem GWB.
- Könnte man mit dieser Argumention nicht gleich das Kartellrechts in seiner Gänze abschaffen?
- Wie sollen wir uns ohne GWB in Zukunft vor AOK & Co. schützen?
- Wollte die FDP nicht die volle Anwendbarkeit das GWB im SGB V einführen?
- Sind wir nur gesetzgeberischer Kolateralschaden?!
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Stegmaier
Sehr geehrter Herr Stegmaier,
haben Sie vielen Dank für Ihre Mail. Dass die Begründung für die Formulierung in § 69 Abs. 2 SGB V Sie nicht überzeugt, ist bedauerlich, aber so war der Gang der Dinge. Jedes Gesetz in einer Koalitionsregierung ist auch immer ein Kompromiss verschiedener Parteien. Wie das FDP-Interesse war, zeigt die Ihnen bekannte Ursprungsfassung, die das Bundesgesundheitsministerium vorgelegt hat.
Dennoch ist die Neuregelung eine Stärkung des Kartellrechts, gegen die es von Seiten der Kassen erheblichen Widerstand gegeben hat, wie sich z.B. in den Positionen zur Anhörung zum Gesetzesverfahren gezeigt hat. Insofern halte ich Ihre Sorge, was das Kartellrecht insgesamt betrifft, für unbegründet.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Flach