Frage an Ulrike Flach von Ernst Ullrich S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Flach,
erst einmal möchte ich meinen Respekt über die Art und Weise aussprechen, wie über die Frage der Selektion ungeborenen Lebens bei der künstlichen Befruchtung diskutiert wurde. Auch wenn ich sicher nicht Ihrer Meinung bin, jede Form der Selektion menschlichen Lebens als bedrohlich empfinde und durch den eigenen Umgang mit behinderten Menschen große und wertvolle Erfahrungen machen durfte. Diese Menschen bereichern unsere Gesellschaft. Leider hat die FDP ihren Blick zur Zeit zu sehr auf die sogenannten Leistungsträger gelenkt - wobei zu diesem Personenkreis ja auch die Bezieher großer Vermögen und leistungsloser Einkommen zählen (Das waren schon im alten Rom die dekadenten Kreise!).
Nun aber zu meiner Frage. In wie weit wurde bei der genannten Diskussion bedacht, welcher Personenkreis für die Anwendung der künstlichen Befruchtung überhaupt in Betracht kommt. Wird die komplette Prozedur von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt oder können sich nur besser Betuchte sich ihre "Wunschkinder" auswählen?
Wenn ich ehrlich bin, schaudert es mich, was unsere Wohlstandsgesellschaft sich so herausnimmt angesichts der Millionen hungernder Kinder in der Welt. Ich denke, die Politik hat sich schwerwiegenderer Themen anzunehmen.
Sehr geehrter Herr Schultz,
haben Sie vielen Dank für Ihre Mail. Ich denke, dass man in der Frage der Zulassung der Präimplantationsdiagnostik sauber differenzieren muss. Es geht überhaupt nicht um ökonomische Überlegungen, sondern darum, Paaren mit genetischen Dispositionen für schwere Krankheiten zu helfen, ein gesundes und lebensfähiges Kind zu bekommen. So ist auch die Antwort auf ihre Frage nach der Gruppe derjenigen zu beantworten, die PID nutzen werden. Zunächst kommen dafür nur diejenigen in Frage, sich einer künstlichen Befruchtung unterziehen. Innerhalb dieser Gruppe beschränkt unser Gesetzesentwurf die Zahl derjenigen noch einmal auf Paare, die eine genetische Disposition für eine schwere Krankheit darlegen, die zu einer Fehl- oder Totgeburt führt. Und außerdem soll jeder einzelne Fall von einer interdisziplinären Ethikkommission geprüft werden, deren Zustimmung zwingend notwendig ist. Der Personenkreis wird sich also auf wenige hundert Paare im Jahr beschränken.
Entsprechend rechnen wir nicht mit hohen Kosten. Ich meine, dass die Kostenübernahme analog zu den bisherigen Regeln für die Kosten einer künstlichen Befruchtung geregelt werden könnte, also mit einer Beschränkung der Zahl der Versuche und des Alters.
"Wunschkinder" wird sich niemand aussuchen können. Wenn man sich die Lebensgeschichten der betroffenen Paare ansieht, dann wird schnell klar, dass es darum auch nicht geht. Hier geht es um Menschen, die sich sehnlichst ein Kind wünschen, aber bereits eine Fehl- oder Totgeburt erlebt haben, in deren Familien es schwere Krankheiten gibt und die ansonsten kein Kind bekommen würden oder es später abtreiben müssten, wenn sich eine Erkrankung herausstellt. Die PID ist im Vergleich zu einer Abtreibung die psychisch und physisch unbelastendere Methode für die Frau.
Natürlich gibt es "wichtigere" Dinge als die PID und natürlich sind diese Probleme "klein" angesichts des Hungers und Elends in anderen Teilen der Welt. Für die Betroffenen sind die Probleme aber real und bislang nur durch den Weg ins Ausland überwindbar.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Flach