Frage an Ulrike Flach von Bernd K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Flach!
Nach einer Übersicht, die meine Tageszeitung kürzlich veröffentlichte, lagen die durchschnittlichen Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit im Jahre 2007 bei monatlich knapp unter 10.000 €. Es gab zwar geringfügige, aber keine eklatanten Unterschieden zwischen einzelnen Facharztgruppen und den Hausärzten.
Was hindert Ihre Partei und den von der FDP gestellten Gesundheitsminister daran, auf diese Fakten öffentlich und in aller Deutlichkeit hinzuweisen und ebenso deutlich irgendwelche von den GKVs zu finanzierende Honorarerhöhungen der Ärzte abzulehnen? Sollte denjenigen Ärzten, die zum wiederholten Male ihre (Kassen-)patienten als Geiseln für ihre unangemessenen Forderungen nehmen, nicht dauerhaft die Kassenzulassung entzogen werden?
Was halten Sie davon, im Gesundheitswesen endlich einen funktionierenden Wettbewerb zwischen unabhängig voneinander operierenden Anbietern einzuführen? Warum sollen die gesetzlichen Krankenkassen eigentlich immer nur die Zeche bezahlen, die die Anbieter im System untereinander ausgekungelt haben? Was spricht dagegen, dass die Krankenkassen Polykliniken einrichten dürfen, in denen angestellte Ärzte und Apotheker sich um das Wohl der dort Versicherten kümmern? Was würde sich verändern, wenn die großen Drogerieketten in einigen Läden durch qualifiziertes Personal verschreibungspflichtige Medikamente abgeben dürften, so wie es z.B. in den USA üblich ist? Wann werden verantwortungsvolle Politiker endlich den Mumm haben, dem medizinisch-pharmazeutischen Selbstbedienungskomplex deutlich zu sagen, dass die Eröffnung einer Praxis oder einer Apotheke eben nicht mehr so etwas wie die Lizenz zum Gelddrucken bedeutet?
Mit Verlaub, Ihre Partei hat bisher nicht den Eindruck erweckt, dass ihr an einer gerechten Verteilung der Lasten im System gelegen ist - ganz im Gegenteil. Das wird sich noch rächen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Koch
Sehr geehrter Herr Koch,
haben Sie vielen Dank für Ihre Mail. Die FDP hat den Protesten insbesondere der Hausärzte immer öffentlich entgegen gehalten, dass die Sanierung des 11-Mrd.-€-Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung nur von allen Akteuren im Gesundheitswesen gestemmt werden kann. Dazu gehören neben Krankenkassen, Krankenhäusern, der Pharma-Industrie, Arbeitnehmern und Arbeitgebern auch die Ärzte. Dabei wird mit den Änderungen der Bundesregierung kein Hausarztvertrag aufgelöst und auch lediglich der Zuwachs der Ausgaben begrenzt.
Was den Wettbewerb betrifft, so hat jedes unserer Gesetze immer auch eine Wettbewerbskomponente. Wir schaffen durch die Zusatzbeiträge ein Stück mehr Wettbewerb bei den Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherungen. Wir schaffen mit der Konstruktion des Sozialausgleiches einen Anreiz, die Kasse zu wechseln, wenn sie einen Zusatzbeitrag erhebt, der über dem Durchschnittsbeitrag liegt. Wir bringen mehr Wettbewerb in die Verhandlungen über Arzneimittelpreise. Wir ermöglichen über Mehrkostenregelung den Patienten, ihr gewohntes Medikament zu behalten, auch wenn es dafür keinen Rabattvertrag mit ihrer Kasse gibt. Sicher kann man sagen, es muss noch mehr Wettbewerb und mehr Wahlmöglichkeiten geben.
Wir haben auch nichts gegen Medizinische Versorgungszentren, wenn sie von Ärzten geführt werden und Ärzte ihre Anteilseigner sind. Wir wollen aber nicht, dass große Kapitalgesellschaften den Markt dominieren. Und wir wollen auch das Versorgungs- und Beratungsniveau bei verschreibungspflichtigen Medikamenten erhalten. Deshalb halten wir z.B. sog. Pick-Up-Stationen für solche Medikamente für keinen guten Weg. Ein Verbot würde aber nach Aussage des Innen- und des Justizministeriums gegen die Verfassung verstoßen.
Ich glaube, wir zeigen gerade mit dem GKV-Finanzierungsgesetz, dass die Lasten auf alle Schultern verteilt werden. Sicher hat jeder eine andere Vorstellung von Gerechtigkeit und völlige Zufriedenheit wird es nie geben. Dennoch zeigt die Bundesregierung, dass sie sowohl die Verwaltungskosten der Kassen als auch die Preisgestaltung der Pharma-Konzerne beschneidet. Ohne Beiträge der Versicherten und ohne zusätzliche Steuermittel für den sozialen Ausgleich wird es allerdings nicht gehen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Flach