Frage an Ulrike Flach von Stephan W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Flach,
die Gesundheitsreform führt für die Beitragszahler zu höheren Lasten. Es bleibt weniger Netto vom Brutto. Dabei ist anzumerken, dass die Absetzbarkeit von Beiträgen nicht der Regierung zugute zu halten ist sondern vom BVerfG vorgegeben war. Begründet wird die weitere Steigerung der Beiträge mit demographischen Gründen und wegen teurer Fortschritte in der Medizin. Letzteres ist wenig überzeugend, denn in allen anderen Branchen bringt Fortschritt nicht nur höhere Leistungsfähigkeit sondern auch Konsteneinsparungen. Hier meine Fragen.
1) Die ´Leistungserbringer´ steigern seit Jahrzehnten dank gesetzlicher Hilfe ihre Profite weit mehr, als die Einkommen der Beitragszahler ansteigen. Auch weil ihnen gestattet wird, Effizienz- und Produktivitätsgewinne in voller Höhe als Profit einzubehalten. Ein Teil dieser ´Windfall´-Profite könnte abgeschöpft und zur Reduzierung der Beitragssätze / Gesundheitsprämie verwendet werden, wie stehen Sie dazu?
2) Warum wird der wettbewerbsfeindliche und daher kostentreibende Gesundheitsfonds nicht wieder abgeschafft und die Beitragssätze der Entscheidungsfreiheit der Kassen überlassen?
3) Der sog. ´Arbeitgeberbeitrag´, eine irreführende Bezeichnung, wird bei 7,3% festgeschrieben. Die Asymmetrierung der Finanzierung wird damit weiter aufgespreizt zu Lasten der Beitragszahler. Aber die Unternehmen profitieren von gesunden und leistungsfähigen Mitarbeitern. Das dürfte den behaupteten negativen Effekt höherer ´Lohnnebenkosten´ auf die Beschäftigung kompensieren. Es ist daher nicht ersichtlich, warum nicht zu einer grundsätzlich symmetrischen Finanzierung zurückgekehrt wird. Wie stehen Sie dazu?
Für eine Antwort ohne die leider bei vielen Ihrer Kollegen üblichen Standardtextbausteine und die Fragesteller geradezu beleidigender leeren Politmarketingsprüche wäre ich sehr verbunden.
Mit freundlichen Grüßen,
Stephan Wunsch
Sehr geehrter Herr Wunsch,
Mit der Gesundheitsreform verbinden wir eine strukturelle Neuordnung des Gesundheitswesens mit fairen und gleichmäßig verteilten Ausgabenbegrenzungen. Dabei wird die Qualität der Versorgung nicht gefährdet oder Leistungen beschränkt. Zugleich führen wir den einkommensabhängigen Kassenbeitrag auf das Niveau vor der Wirtschafts- und Finanzkrise zurück. Einnahmeverbesserungen sowie Ausgabenreduzierung gehen bei dieser Reform somit Hand in Hand. Die verschiedene Initiativen im Arzneimittelbereich sowie der ambulanten und stationären Versorgung führen zu Ausgabenbegrenzungen von ca. 3,5 Mrd. Euro im Jahr 2011 und 4 Mrd. Euro im Jahr 2012.
Eine Abschaffung des Gesundheitsfonds, wie von Ihnen gefordert, ist in der aktuellen politischen Konstellation nicht durchsetzbar. Jedoch wird durch die Gesundheitsreform der Wettbewerb zwischen den Kassen wieder gestärkt. Jede Krankenkasse entscheidet künftig selbst, in welcher Höhe sie von ihren Mitgliedern Zusatzbeiträge als festen Euro-Betrag erhebt. Er ist von allen Mitgliedern in gleicher Höhe direkt an die jeweilige Krankenkasse zu zahlen. Mit diesem einkommensunabhängigen Zusatzbeitrag erhalten die gesetzlichen Krankenkassen wieder mehr Beitragsautonomie und damit größere Spielräume im Sinne ihrer Versicherten und Patienten. Es wird für diese künftig leichter, Preis und Leistung ihrer Krankenversicherung miteinander zu vergleichen. Der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen um eine gute und kostengünstige Versorgung wird gestärkt.
Mit der Reform ist es gelungen, die Finanzierung der Gesundheitskosten von den Arbeitskosten abzukoppeln und damit auf eine stabile und verlässliche Grundlage zu stellen: Künftig sollen Ausgabensteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung über einkommensunabhängige Zusatzbeiträge finanziert werden. Eine schlechtere konjunkturelle Entwicklung und eine hiermit verbundene höhere Arbeitslosigkeit haben nicht mehr zwangsläufig Einnahmeausfälle für die gesetzliche Krankenversicherung zur Folge. Der Arbeitgeberanteil wird darüber hinaus nun bei 7,3 Beitragssatzpunkten festgeschrieben. Beschäftigungschancen werden damit nicht mehr durch steigende Krankenversicherungsbeiträge gefährdet.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Flach