Frage an Ulrike Flach von Patrick F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Flach,
ich sehe derzeit mit großen bedenken das was auf uns Steuerzahler zukommt. Das gespart werden muss ist keine Frage. Wieso muss allerdings der Steuerzahler immer wieder für das Versagen der Wirtschaftsverbände und das Versagen der politischen Führung in die Tasche greifen? Während der Wahlen hieß es mehr Netto vom Brutto. Dies war ein Hauptargument bei den Wahlen und wurde im Koalitionsvertrag festgehalten. Allerdings bei der derzeitigen Situation sehe ich weitere Kosten auf mich zukommen, die den Spitzensteuersatz für Geringverdiener und das mittlere Einkommen in die Höhe schnellen lassen.
Ich für meinen Teil würde auch gerne eine Familie gründen, aber bei den zukünftigen Sparmaßnahmen weiß ich schon gar nicht mehr ob dies überhaupt zu verantworten ist, da ich nicht weiß ob ich einem Kind eine vernünftige Basis bieten kann. Ich/wir wären auf jeden fall auf die Familiären Zuschüsse angewiesen. Wir haben zwar eine gute Ausbildung und noch ein gutes Einkommen, was sich allerdings immer weiter verschlechtert, da eine Ende des Abwärtstrend nicht in Sicht ist.
Ich hätte daher ein paar Fragen an Sie und Ihre Partei:
Werden die Steuerlichen Mehrbelastungen zeitlich begrenzt oder muß ich damit rechnen immer weniger zu bekommen?
Wie weit werden Staatsbedienstete bzw. Beamte und Politiker finanziell an den Sparmaßnahmen beteiligen oder richten sich die Sparmaßnahmen nur gegen den normalen Steuerzahler?
Wie garantiert der Staat für den Erfolg der Sparmaßnahmen?
Wie vereinbaren Sie bzw. Ihre Partei den demokratischen Grundgedanken wenn immer wieder Maßnahmen gegen das berechtigte Interesse der Bevölkerung durchgesetzt werden(z.B. Vorratsdatenspeicherung, Kopfpauschale, finanzielle Hilfe für EU Länder usw)?
Was tut der Staat zukünftig um Familien zu fördern, wenn die Gelder durch die Sparmaßnahmen eingefroren oder sogar gekürzt werden?
Wird die Politik die Verursacher der Krise in die Verantwortung nehmen?
Mit freundlichem Gruß
Patrick
Sehr geehrter Herr Franz,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 wurden die öffentlichen Haushalte enorm belastet. Auf der ganzen Welt wurden umfangreiche Rettungsmaßnahmen für den Finanzsektor und Konjunkturprogramme zur Stützung der Wirtschaft aufgelegt. Ein Zusammenbruch des Finanzsystems mit all seinen negativen Folgen konnte dadurch verhindert werden. Trotzdem brach die Konjunktur im Jahr 2009 massiv ein. Allein in Deutschland sank das BIP um 5%. Der größte konjunkturelle Abschwung seit Kriegsende. Die Steuereinnahmen sind massiv zurückgegangen und die öffentlichen Defizite gestiegen. Der Bundeshaushalt 2010 erwartet ein Rekorddefizit von 80,2 Mrd. €. Zwar sind die Aussichten für Deutschland für das Jahr 2010 inzwischen günstiger geworden. Arbeitsmarkt und Konjunktur entwickeln sich besser als erwartet. Jedoch kämpfen viele Länder in Europa und der Welt –wie auch Deutschland- mit den Staatsschulden, die sich im Laufe der Finanzkrise angehäuft haben. Aus dieser Entwicklung ist die aktuelle problematische Lage der EURO-Staaten entstanden. In einer beispiellosen Aktion haben die EURO-Länder deshalb neben einem speziellen Hilfspaket für Griechenland auch einen Stabilisierungsmechanismus für den gesamten EURO-Raum auf den Weg gebracht. Der Zusammenbruch Griechenlands bzw. eines anderen Staates des EURO-Raumes hätte die ganze Währungsgemeinschaft in eine neue Krise reißen können.
Klar ist, dass strukturelle Reformen auf dem Finanzmarkt sowie in der Europäischen Union erfolgen müssen, damit sich eine solche Entwicklung nie mehr wiederholen wird.
Daneben müssen jedoch auch die Defizite der öffentlichen Haushalte in den nächsten Jahren massiv reduziert werden. Deutschland hat hierbei ein Vorreiterrolle übernommen und bereits im Mai letzten Jahres eine Schuldenbremse in der Verfassung verankert. Die Rückführung der Staatsverschuldung ist zwingend notwendig, um die Belastung für kommende Generationen zu senken. Die Schuldenbremse muss daher unbedingt eingehalten werden und entspricht damit exakt der Garantie für die Nachhaltigkeit der Sparmaßnahmen, die sie zu Recht eingefordert haben. Dafür müssen jedoch in den kommenden Jahren unausweichlich Einsparungen in empfindlicher Höhe geleistet werden. Im Gegensatz zur Haushaltspolitik der vergangenen Jahre sollen diese Einsparungen jedoch zuerst auf der Ausgabenseite und nicht über die Einnahmeseite also Steuererhöhungen erfolgen. Bereits in den Beratungen zum Bundeshaushalt 2010 konnte das Defizit durch Reduzierung der Ausgaben um knapp 6 Mrd. € abgesenkt werden. Über 100 Anträge aus dem Liberalen Sparbuch der FDP wurden dafür umgesetzt. Diesen Spareffekt hat kein SPD-Finanzminister in den letzten 10 Jahren erreicht. Einsparungen bei den Ausgaben sind also möglich!
Um eine größtmögliche Akzeptanz für die Einsparungen zu erreichen, ist es sinnvoll diese über alle Ministerien gleichmäßig zu verteilen. Konsolidierung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Ob Zukunftsbereiche, wie Bildung, Forschung und Familie von den Kürzungen ausgeklammert werden muss politisch diskutiert werden. Die einzige Alternative zu geringeren Ausgabensenkungen sind jedoch immer neue Schulden oder Steuererhöhungen. Dem muss man sich immer bewusst sein. Wenn Sparmaßnahmen breit gestreut werden, ist natürlich auch die gesamte Gesellschaft davon betroffen. Das lässt sich nicht vermeiden. Damit werden alle Bürger gleichermaßen belastet, wie auch die von Ihnen angesprochenen Staatsbediensteten.
Steuerliche Mehrbelastungen bei der Einkommensteuer –gerade für Geringverdiener- wird es mit der FDP nicht geben. Jedoch ist es vorstellbar, dass im Rahmen eines groß angelegten Subventionsabbaus zur Streichung von Steuervergünstigungen kommt. Gerade der Bereich der ermäßigten Mehrwertsteuersätze muss dringend überarbeitet werden. Es ist nicht vertretbar, dass Babywindeln mit 19% besteuert werden und edle Rennpferde mit 7%. Hier bietet die Krise auch eine Chance, Ungerechtigkeiten und Wildwuchs im Steuersystem zu reduzieren.
Unverzichtbar ist ebenfalls eine Beteiligung all derer an den Kosten der Krise, die auf Kosten der Steuerzahler spekuliert und Gewinne gemacht haben. Der Zusammenhang zwischen Risiko und Verantwortung muss gerade auch bei Finanzgeschäften wieder hergestellt und sichtbar werden. Über die geplante Bankenabgabe hinaus müssen die Verursacher der Krise zu deren Bewältigung herangezogen werden. Die FDP unterstützt daher auch die Einführung einer Finanzmarktsteuer. Die Fraktionen von FDP und Union forderten die Bundesregierung auf, für eine europäische/ globale Finanzmarktsteuer einzutreten, um die Marktakteure stärker an den Kosten der Finanzkrise zu beteiligen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Flach