Frage an Ulrike Flach von Arndt I. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Flach,
vielen Dank für Ihre letzte Antwort!
Am 26.02.2010 haben Sie ein weiteres Mal für die Verlängerung des Kampfeinsatzes deutscher Soldaten in Afghanistan gestimmt, wo am Freitag wiederum drei deutsche Soldaten mit ihrem Leben bezahlen mussten und mehrere Soldaten z. Tl. schwer verletzt wurden. Damit erhöht sich die Zahl der gefallenen deutschen Soldaten bereits auf 38! Ich denke nur mit Schrecken an die bemidleidenswerten Hinterbliebenen!
Auf meine Frage in 2008, was deutsche Soldaten am anderen Ende der Welt zu suchen hätten, gaben Sie mir damals genau die nicht glaubhaften Antworten, die sich heute in einem veröffentlichen CIA-Memorandum finden lassen, mit denen man die deutsche und französische Öffentlichkeit weiterhin zum Blutzoll animieren will ( http://www.rf-news.de/2010/kw13/cia-empfehlungen-zur-zersetzung-der-friedensbewegung ). In Langley hat man wohl schon früher bemerkt, dass nur noch ein geringerer Anteil der Bürger dieser Staaten hinter diesem völkerrechlich mehr als bedenklichen Krieg steht. Schließlich handelt es sich weder um die direkte Landesverteidigung noch um einen Katastrophenfall und erst recht nicht um echten Bündnisfall, da es keinen Angriff Afghanistans auf einen Bündnispartner gegeben hat. Man kann sich heute leider allzu oft des Gefühls nicht mehr erwehren, dass die Volksvertreter alles vertreten - nur nicht mehr den Willen des eigenen Volkes.
Meine Frage an Sie: Sind Sie heute immer noch der Überzeugung, dass Deutschland (neben Brücken- und Brunnenbau und Demokratisierung der ungefragten afghanischen Bevölkerung) seine Auffassung von Demokratie - teilweise mit militärischen Mitteln und dem Blut deutscher Soldaten - in ein Dritte-Welt-Land in knapp 5.000 km tragen muss? Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort!
mfG
Sehr geehrter Herr Immel,
haben Sie vielen Dank für Ihre Mail. Ihre Einschätzung des Einsatzes in Afghanistan kann ich nicht teilen. Ich habe natürlich Verständnis für die Besorgnis vieler Bürgerinnen und Bürger und dies besonders, nachdem erneut deutsche Soldaten im Einsatz ums Leben gekommen sind. Dies ist tragisch, dennoch wäre ein Abzug deutscher Truppen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Lösung. Angesichts der weiter in Afghanistan verbreiteten Unsicherheit ist es notwendig, die zivilen Wiederaufbaukräfte zu stärken. Dabei ist es das erklärte Ziel Deutschlands und der internationalen Staatengemeinschaft, die afghanische Regierung beim Aufbau von Polizei und nationaler Sicherheitskräfte zu unterstützen. Afghanistan muss in die Lage versetzt werden, selbst für die Sicherheit im eigenen Land zu sorgen.
Deutschland hat auch ein Eigeninteresse an Stabilität in Afghanistan. Das Land darf sich nie wieder zu einem Rückzugsgebiet für international operierende Terrornetzwerke wie Al Qaida entwickeln, wie dies vor dem Sturz der Taliban der Fall war. Die große geographische Distanz ist für heutige Terrororganisationen ohne Bedeutung. Deshalb geht es nicht darum, unsere deutsche Auffassung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ein Dritte-Welt-Land zu tragen. Afghanistan wird seinen eigenen Weg zu Demokratie und Rechtsstaat gehen, der nicht so aussehen wird wie der in Deutschland, den USA oder anderer Staaten. Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sind aber universelle Werte, die hier wie dort Gültigkeit haben müssen. Die internationale Gemeinschaft überprüft gemeinsam mit der afghanischen Regierung die bisher verfolgte Strategie. Außenminister Dr. Westerwelle hat sich bei seinem Besuch in Afghanistan klar und deutlich darauf gedrungen, dass die Regierung Karzai durch gute Regierungsführung Demokratie stärkt und Korruption bekämpft. Deutschland hat deshalb sein Mandat für den ISAF-Einsatz am 3. Dezember 2009 für ein Jahr verlängert.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Flach