Portrait von Ulla Schmidt
Ulla Schmidt
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ulla Schmidt zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Georg S. •

Frage an Ulla Schmidt von Georg S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Schmidt,

Die Situation in den Praxen eskaliert: Die Krankenkassen berichten
täglich von neuen Fällen, in denen Patienten von Ärzten abgewiesen oder nur noch gegen Vorkasse behandelt werden. Grund für den Ärger ist die Reform des Ärztehonorars. Ärzte und Politik zanken um Honorare oft zu Lasten der Patienten.

Allein die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) weiß von bundesweit 1500 Fällen, in denen ihre Versicherten keine Behandlung bekamen.
Kleinere Kassen wie die KKH haben bundesweit 200 Beschwerden registriert. Die meisten Fälle werden aus den Bundesländern Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg gemeldet. Dort sind die Ärzte besonders sauer - und scheuen sicht nicht, ihren Frust an Patienten auszulassen.
(Quelle: WELT ONLINE; http://www.welt.de/wirtschaft/article3276315/Wenn-Aerzte-sich-weigern-Patienten-zu-behandeln.html)

Wann und wie werden Sie diesen Terror abstellen? Ich bin chronisch krank und auf zuverlässige Behandlung angewiesen. Fällt die Behandlung ins Wasser, bin ich binnen 14 Tagen arbeitsunfähig. Ich finde es eine bodenlose Unverschämtheit, dass Konflikte, deren Ursachen im unzulänglichen System stecken, rücksichtslos auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden. Den Konflikt hätten nach meiner Meinung die Vertragsparteien zu lösen und nicht das letzte - ohnmächtige - Glied in der Kette : der Patient!
Ich muss Ihnen sagen, dass ich meine Stimmabgabe maßgeblich davon abhängig machen werde, ob und wer am ehesten diesem Spuk ein Ende setzt.

Mit freundlichen Grüßen
G. Stankewitz

Portrait von Ulla Schmidt
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Stankewitz,

die Vorgänge in manchen Regionen und Praxen in Deutschland sind in der Tat völlig inakzeptabel. Zu betonen ist jedoch, dass die absolut überwiegende Zahl der Ärztinnen und Ärzte genauso wie Pflegerinnen, Pfleger und Fachangestellte in Praxen und Krankenhäusern Tag für Tag eine höchst verantwortungsvolle und achtbare Arbeit am Menschen leisten. Diese große Mehrheit taucht leider nicht in der Öffentlichkeit auf.

Bei Problemen in einzelnen Praxen empfehle ich grundsätzlich, sich an seine Krankenkasse zu wenden; und zwar bevor irgendetwas bezahlt oder unterschrieben wird. Schließlich zahlen Versicherte an ihre Krankenkasse Beiträge auch dafür, dass diese ihnen hilft.

Vertragsärzte übernehmen als Vertragspartner der Krankenkassen gegenüber gesetzlich Versicherten Versorgungspflichten. Dafür bekommen sie selbstverständlich und zu Recht Honorare. In diesem Jahr rund 32 Milliarden Euro alleine über die Beitragszahler gesetzlicher Krankenkassen. Auch da dies nach neuen Berechnungen rund 12%, also rund 3,8 Milliarden Euro mehr als 2007 sind, sind die Vorgänge in einigen Regionen völlig unverständlich.

Gesetzlich ist genau geregelt, in welchen Fällen ein Vertragsarzt von Versicherten über die gesetzlichen Zuzahlungen hinaus eine Vergütung fordern darf. Dies ist nur der Fall, wenn ein Versicherter keine Versichertenkarte vorlegt, wenn er ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden oder wenn es um Leistungen geht, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind.

Gemäß ihrem Sicherstellungsauftrag ist es Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen sowie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte soweit notwendig unter Anwendung der gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten anzuhalten. Als Maßnahmen sind je nach Schwere der Verfehlung "Verwarnung, Verweis, Geldbuße oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung bis zu 2 Jahren" vorgesehen. Das Höchstmaß der Geldbußen kann bis zu 10.000 € betragen. Die Zulassung ist vom zuständigen Zulassungsausschuss zu entziehen, wenn der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeiten nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.

Ein Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten ist z.B. dann anzunehmen,
wenn ein Arzt

· Patienten – über die Praxisgebühr hinaus - um Vorkasse bittet,
bevor er sie behandelt,

· die Behandlung von Patienten an die Bedingung knüpft, dass
diese Kostenerstattung wählen,

· Patienten mit dem Verweis auf eine zu geringe Vergütungen
generell notwendige Behandlungen oder eine Terminvergabe verweigert.

Versicherte, die das Gefühl haben, dass ein Arzt gegen seine vertragsärztlichen Verpflichtungen verstößt, sollten sich in jedem Fall an ihre Krankenkasse wenden, die dann gegenüber der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung das weitere veranlassen kann. Verweigert ein Arzt einen Behandlungstermin, so kann die Krankenkasse ggf. auch bei der Suche nach einem Arzt der Fachgruppe in der Umgebung behilflich sein. In keinem Fall sollten sich die Versicherten dazu drängen lassen, über die gesetzlichen Zuzahlungen hinaus Zahlungen an den Arzt zu leisten oder etwa direkt in der Praxis eine Einwilligung zur privaten Abrechnung mit späterer Kostenerstattung zu unterschreiben.

Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt