Frage an Ulla Schmidt von Stefan K. bezüglich Gesundheit
ich möchte Ihnen die Konsequenzen Ihrer Reformen an einem praktischen Beispiel vor Augen führen.
Ich war bis Ende 2006 für längere Zeit in Frankreich tätig, und bin nach dem in F mein Zeitarbeitsvertrag ausgelaufen war, auch wegen der Schulausbildung meiner Kinder wieder zurück nach D. Ich machte mich gleich danach in Deutschland selbständig, und dann kam die Überraschung, ich wurde rückwirkend krankenversichert. Was dann denn kleinen Betrag von rund 1500 Euro ausmachte, für einen der sich gerade mit 0 Euro Eigenkapital selbständig gemacht hat, ein rießen Betrag. Diese Geld ist nun von Anfang an im Rückstand, was folgende Konsequenzen hat:
1. Meine Kinder sind nicht Krankenversichert, nur eine Schmerzbehandlung wird durchgeführt, d. h. z.B. kariose Zähne müssen erst soweit zerstört werden, das Schmerzen entstehen, damit diese behandelt werden können.
2. Ich zahle alle Arztrechnungen, Medikamente selbst, (hatte kürzlich eine Lungenentzündung) , allerdings auch meine monatlichen Beiträge (rund 180 Euro), zusätzlich nochmals 45 Euro auf die rückständige Beträge und meine Kinder , meine Frau und ich sind nur "Schmerzversichert"! Zusätzlich natürlich nochmals 180 Euro für meine Frau weil wir in unserem speziellen Fall keine Familienversicherung haben können.
3.Fassen wir also mal zusammen:
ich zahle monatlich 405 Euro Krankversicherung, meine Kinder sind aber faktisch nicht krankenversichert, meine Frau und ich natürlich auch nicht, bis der Rückstand ausgeglichen ist. Diesen Rückstand kann ich natürlich nicht so schnell ausgleichen, die Einnahmen sind eben nur so hoch, dass ich gerade meine Lebensunterhalt bestreiten kann. Ich werde wenn mein die Grundschule hinter sich hat, wieder nach Frankreich umziehen.
Meine Frage:
Gedenken Sie in nächster Zeit etwas gegen diese Mißstände zu unternehmen?
Liebe Frau Schmidt, sicherlich können Sie das kaum nachvollziehen, Sie sind in jeder Beziehung bestens abgesichert, aber für eine fundierte Antwort wäre ich dankbar.
S. K.
Sehr geehrter Herr Karrenbauer,
vielen Dank für Ihre Schilderungen. Offenbar wurden Sie über einige Sachverhalte gänzlich falsch informiert. Selbstverständlich sind Ihre Frau und Ihre Kinder in vollem Umfang krankenversichert. Und auch Sie müssen Ihre Arztrechnungen und Medikamente nicht selbst bezahlen. Eigentlich sollte Ihnen das Ihre Krankenkasse auch mitteilen. Für eine mögliche persönliche Unterstützung durch mein Büro, würde ich Sie bitten, sich direkt mit diesem in Verbindung zu setzen. Am besten teilen Sie uns Ihre Kontaktdaten über die E-Mailadresse ursula.schmidt@bundestag.de unter Bezugnahme auf Ihre Frage mit.
Mit der Gesundheitsreform wurde der Versicherungsschutz für alle eingeführt. Seit 1. April 2007 bei den Gesetzlichen Krankenkassen und seit 1. Januar 2009 auch in der privaten Krankenversicherung. Seither kann niemandem mehr der Versicherungsschutz entzogen werden, auch wenn z.B. Beitragsrückstände entstehen. Zum Schutz der Solidargemeinschaft der Versicherten unter den neuen Bedingungen ist es unerläßlich, dass das Nichtbezahlen von Beiträgen sanktioniert wird.
Die Regelung funktioniert grundsätzlich wie folgt:
Der normale Leistungsanspruch in der gesetzlichen Krankenversicherung ruht für Versicherte, wenn diese zwei Monatsbeiträge im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen. "Ruhen" bedeutet, dass ein eingeschränkter Leistungsanspruch besteht. Der umfassende Leistungsanspruch besteht wieder, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind oder wenn Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch eintritt.
Im Ergebnis heißt das:
1. Die Krankenversicherungspflicht ist auch für säumige Beitragszahler eine erhebliche Verbesserung gegenüber früher. Vor dem 1. April 2007 haben Kassenmitglieder, die ihren Zahlungspflichten nicht nachgekommen sind, schlicht ihren kompletten Krankenversicherungsschutz verloren. Ein solcher Verlust ist heute nicht mehr möglich, niemandem darf gekündigt werden.
2. Der eingeschränkte Leistungsanspruch im Falle von Beitragsrückständen ist eng an den Leistungsanspruch von Asylbewerbern nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angelehnt. Selbstverständlich umfasst dieser nach wie vor akute Behandlungsbedürftigkeit einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie die Behandlung von Schmerzzuständen.
3. Das Ruhen des normalen Leistungsanspruches endet, wenn der säumige Beitragszahler hilfebedürftig nach SGB II oder XII wird. Das heißt, Menschen, die derart in finanzielle Nöte geraten, dass sie entsprechender Hilfen wie Arbeitslosengeld II oder eine Grundsicherung bedürfen, erhalten wieder den normalen Leistungsanspruch.
Wegen einschlägiger Presseberichte haben wir nochmals klargestellt, dass mitversicherte Kinder und Partner von einem Ruhen des Leistungsanspruchs nicht betroffen sind. Das Ruhen bleibt beschränkt auf den säumigen Beitragszahler. Um anfängliche Irritationen hinsichtlich der Interpretation auszuräumen, haben wir Mitte Januar die Aufsichtsbehörden der Krankenkassen entsprechend informiert, um eine einheitliche Praxis herbeizuführen.
Dennoch sehen auch wir nach wie vor Probleme gerade in Fällen wie Ihrem. Deswegen möchte ich gesetzlich regeln, dass jemand wie Sie, der einen Tilgungsplan von Altschulden bei seiner Krankenkasse bedient, unverzüglich wieder den normalen Leistungsanspruch erhält. Ich hoffe sehr, dass dieser Vorschlag in den nächsten Wochen eine parlamentarische Mehrheit findet und Ihnen dann schnell hilft.
Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt