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Frage von Dr. Bruno K. •

Frage an Ulla Schmidt von Dr. Bruno K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Schmidt,

Sie sind seit 7 Jahren Gesundheitsministerin. Seit diesen 7 Jahren dulden Sie eine Prostatakrebsfrüherkennung auf einem so hoffnungslos veralteten Stand (über 35 Jahre alt!!), dass Männer selbst im Rahmen der gesetzlichen Früherkennung eine nach Ansicht des Urologenverbandes ausreichende Früherkennungsuntersuchung nahezu vollständig selber bezahlen müssen, da sie lediglich die Tastuntersuchung, nicht jedoch Methoden, wie die PSA-Untersuchung, eine Urinuntersuchung oder eine transrektale Ultraschalluntersuchung beinhaltet. Kosten dafür etwa 100€. Dies ist sozial ungerecht, da sich dies Geringverdiener kaum leisten können. Finden Sie es fair, dass sich die SPD als Partei der sozialen Gerechtigkeit ausgibt, obwohl Ihre Gesundheitspolitik zumindest bezüglich Männerkrebsfrüherkennung soziale Ungerechtigkeit unterstützt nach dem Motto: Ausreichende Prostatakrebsfrüherkennung nur für Reiche?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Köhler

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. Köhler,

wie Sie meiner Antwort auf Ihre Anfrage zur Hautkrebsfrüherkennung bereits entnehmen konnten, werden die Inhalte des Krebsfrüherkennungsprogramms gemäß § 25 und § 92 SGB V - dazu gehört auch die Aufnahme neuer Methoden - allein von der Gemeinsamen Selbstverwaltung, hier dem Gemeinsamen Bundesausschuss, festgelegt. Nur wenn die Gemeinsame Selbstverwaltung es versäumt, erforderliche Richtlinien zu erlassen, kann das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) im Rahmen einer Ersatzvornahme eingreifen.

Dieser Fall ist bei der PSA-Bestimmung als Früherkennungsmaßnahme (Screening) für alle (gesunden) Männer ab einem bestimmten Lebensjahr nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse derzeit nicht gegeben. Sowohl aus einer entsprechenden Stellungnahme des „Netzwerks Evidenzbasierte Medizin“ vom 11. März 2003 als auch aus der Publikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) „World cancer report“ geht hervor, dass die PSA-Testung zwar durchaus im individuellen Fall nützlich auch zur Früherkennung einer Krebserkrankung der Prostata sein kann, jedoch derzeit wichtige Kenntnisse, insbesondere über die Effektivität und damit zur Nutzen/Risiko-Abschätzung, fehlen, die für eine Empfehlung des Tests als Screening-Maßnahme erforderlich sind. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass einerseits trotz der Testung viele Krebsfälle übersehen werden und andererseits erhöhte PSA-Werte eine zu große Zahl von Verdachtsfälle produzieren, die sich später als normal herausstellen, jedoch für den Betroffenen letztlich unnötige und nicht risikofreie diagnostische Folgeuntersuchungen bedeuten.

Bei einer Screening-Maßnahme kommt es darauf an, dass eine Reduzierung der Sterblichkeit an Krebs erreicht werden kann. Für diese Senkung gibt es beim PSA-Test bisher keinen Nachweis, der den Kriterien der wissenschaftlichen Evidenz genügen würde. Eine breit angelegte europäische Studie wird belastbare Ergebnisse hinsichtlich der Mortalität, d. h. der Verbesserung der Überlebenschance der betroffenen Männer, frühestens in ca. 3 Jahren liefern können. Auf der Basis dieser Ergebnisse wird dann erneut zu beraten sein.

Im Übrigen gelten für Untersuchungen, die durchgeführt werden, weil Beschwerden bestehen bzw. ein bestimmter Verdacht auf eine Krankheit vorliegt, nicht die besonderen Voraussetzungen der Krebsfrüherkennungs/Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinien, sondern es gilt der Leistungskatalog der Krankenbehandlung. Somit werden die Bestimmung des PSA-Wertes, Urinuntersuchungen oder eine transrektale Ultraschalluntersuchung z. B. im Rahmen einer Abklärungsdiagnostik von den Krankenkassen bezahlt.

Im Hinblick auf angebotene individuelle Gesundheitsleistungen (IGEL-Leistungen), wie z. B. PSA-Test als Früherkennungsmaßnahme, ist anzumerken, dass ein Vertragsarzt der gesetzlichen Krankenversicherung gehalten ist, den Patienten umfassend über den medizinischen Nutzen und das medizinische Risiko der betreffenden privatärztlichen Untersuchung/Behandlung aufzuklären, damit der Versicherte über die individuelle Zweckmäßigkeit der Leistung sachlich fundiert entscheiden kann. Bei dieser Aufklärung ist vom Vertragsarzt auch zu verlangen, dass er den versicherten Patienten über die gesetzlich vorgesehenen Leistungen nicht falsch informiert. Zusatzuntersuchungen zur Früherkennung als eine Art „Sicherheitspaket“ anzubieten, stellt nach meiner Auffassung die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ungerechtfertigt als nicht ausreichend dar.

Mit freundlichen Grüßen

Ulla Schmidt