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Frage von Andre G. •

Frage an Ulla Schmidt von Andre G. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Schmidt,

heute las ich ich dem Artikel "Ärzte verdienen an Privatpatienten deutlich mehr"
(erschienen am 15. Mai 2008 | dpa / T-Online): "...Die Forscher schlagen vor, einen Ausgleichsmechanismus zwischen gesetzlichen und privaten Kassen einzuführen, zum Beispiel die Beteiligung der Privaten am Risikostrukturausgleich der gesetzlichen Kassen..."

Ich habe bis April 2008 13 Jahre in Neuseeland gelebt und gearbeitet, war dort privatversichert. Erschrocken musste ich bei meiner Rückkehr feststellen, dass ich hier in die GKV gezwungen werde, was bei mir als "Rückkehrer" bis Anfang 2007 nicht so gewesen wäre. Für weniger Beitrag wurde mir in NZ bei weitem mehr an Versorgung geboten als hier durch die GKV.
Meine Frage ist, weshalb erschwert es der Gesetzgeber einerseits seit 2007 immer mehr, in die PKV zu gehen, andererseits werden die PKV`s aber vor dem Risikostrukturausgleich der GKV`s abgeschottet?

Mit freundlichem Gruß
Andre Gehrke

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Gehrke,

vielen Dank für Ihren Beitrag.

Mit der Gesundheitsreform 2007 hat der Gesetzgeber unter anderem das Ziel verfolgt, dass alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland über eine angemessene Absicherung im Krankheitsfall verfügen. Mir war und ist das Thema ein persönliches Anliegen und nach meiner Überzeugung ist der umfassende Versicherungsschutz für alle Bürgerinnen und Bürger einer der historischen Meilensteine in der Weiterentwicklung der Krankenversicherung, die mit der letzten Gesundheitsreform eingeführt wurden. Personen ohne Absicherung im Krankheitsfall, die zuletzt gesetzlich krankenversichert waren, sind seit 1. April 2007 wieder in den Versicherungsschutz der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einbezogen. Personen, die zuletzt privat krankenversichert waren, können sich seit 1. Juli 2007 im sogenannten modifizierten Standardtarif der privaten Krankenversicherung (PKV) wieder versichern. Für der PKV zuzuordnende Personen gilt ab 1. Januar 2009 die Pflicht, sich mindestens für ambulante und stationäre Heilbehandlung privat zu versichern. Offenbar waren Sie, bevor Sie nach Neuseeland gezogen sind, zuletzt gesetzlich versichert, so dass Sie nun wieder in den Versicherungsschutz der GKV einbezogen worden sind. Die Leistungen der GKV stehen für einen hohen, im internationalen Vergleich sogar sehr hohen Versorgungsstandard: Die GKV stellt z.B. sicher, dass unabhängig vom Einkommen medizinische Hilfe auch außerhalb der üblichen Sprechstunden wesentlich einfacher zu bekommen ist als in den meisten anderen Gesundheitssystemen der Welt. Wartezeiten auf Krankenhausbehandlungen sind, wenn es sie denn überhaupt gibt, kürzer als andernorts. Die Versorgungsdichte mit Ärzten ist höher als in den meisten anderen Ländern. Auch im Vergleich mit dem Gesundheitssystem Neuseelands gilt: Deutschland verfügt über eine deutliche bessere Versorgung mit Krankenhausbetten und Ärzten; und die Zuzahlungen in Deutschland sind deutlich niedriger (Quelle: WHO).

In Ihrer E-Mail sprechen Sie zudem die Trennung des deutschen Krankenversicherungsmarktes an. In der Tat bin ich der Auffassung, dass diese Trennung keine Zukunft hat. Diese Segmentierung führt zu Risikoselektion, begünstigt einseitig Besserverdienende und Gesunde und benachteiligt die dem Solidarprinzip verpflichtete GKV. Nicht ohne Grund nennt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung diese Segmentierung "ökonomisch nicht legitimierbar". Die Zukunft gehört daher nach meiner Auffassung einem einheitlichen Krankenversicherungsmarkt, in dem gleichberechtigte Krankenversicherungen auf Basis einkommensbezogener Beiträge um die beste Versorgung ihrer Versicherten konkurrieren. Leider ist es bei der letzten Gesundheitsreform nicht gelungen, dieses Ziel z. B. über den von Ihnen angesprochenen Einbezug der PKV in den Risikostrukturausgleich der GKV zu erreichen. Immerhin ist es aber gelungen, die privaten Krankenversicherer zum Angebot eines Tarifs zu verpflichten, in dem sich auch chronisch Kranke oder Behinderte ohne Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse versichern können, und in dem Sozialregelungen sicherstellen, dass niemand finanziell überfordert wird (der sog. Basistarif, der ab 1. Januar 2009 von allen PKV-Unternehmen angeboten werden muss).

Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt